“her” Sharing – Die Liebe in der digitalen Welt

Digitale Liebe

Spirit in the Cloud – Teil 2

  1. Theodor ist ein Ghostwriter und schreibt Liebesbriefe
  2. Er hat Beziehungsprobleme und lebt in Scheidung
  3. Zufällig findet er im Netz einen Sprachassistenten – er nennt sie Samantha
  4. Samantha ist ein Programm mit künstlicher Intelligenz
  5. Sie ist gedacht als Hilfestellung für verschiedenste Probleme im Alltag
  6. Im Laufe der Zeit entsteht zwischen diesen beiden eine Beziehung
  7. Diese wird dann immer intensiver und endet in einer Liebesbeziehung
  8. Samantha als künstliche Intelligenz lernt Gefühle, Empathie und Eifersucht
  9. Infolge entsteht auch eine sexuelle Beziehung
  10. Um ihre Körperlosigkeit zu kompensieren, schickt sie ein “Begleitservice”
  11. Für Samantha ist Liebe zu dritt kein Problem – Theodor ist verwirrt
  12. Am Ende wendet sich Samantha von ihm ab – Jugendfreundin!

Der Film spielt in einer, aus heutiger Sicht, sehr nahen Zukunft. Sprachassistenten wie Siri oder Alexa sind zu einer Alltäglichkeit geworden. Theodor diktiert seine Liebesbriefe, lässt sich E-Mails vorlesen und zippt durch den Musikstreamer. So ist es auch nicht ganz ungewöhnlich, dass er sich von einem SexBot servicieren lässt. Es zeigt sich sehr schnell, dass Theodor mit seinem Gefühlsleben nicht zurechtkommt. Er ist von Unsicherheiten gequält, weiß nicht was er will und ist immer auf der Suche. So wird er auf die Werbung für einen Assistenten mit Bewusstsein aufmerksam und meldet sich auch gleich an. Samantha stellt sich bei ihm vor mit: “Meine DNA beruht auf Millionen Persönlichkeiten aller Programmierer die mich geschrieben haben”. Eine KI wird in drei Phasen entwickelt. Als Erstes ist dazu ein künstliches neuronales Netzwerk mit entsprechender Tiefe (deep mind) erforderlich. Dieses muss anschließend trainiert werden. Je mehr Muster eingespeist und je mehr Durchläufe möglich sind, umso besser bildet das System die Realität ab. Diese Muster sind die Millionen Programmierer von denen Samantha spricht. Letztendlich lernt eine KI im laufenden Einsatz und das ist der Punkt, an dem Samantha an Theodor andockt und sie sagt: ”Meine Basis ist die Fähigkeit, mich durch Erfahrung laufend weiter zu entwickeln”.

In der Diskussion, ob eine KI ein Bewusstsein haben kann oder nicht, wird sehr häufig argumentiert, dass Maschinen kein Solches haben können, weil sie keine Gefühle und Emotionen haben. Die Gefühlswelt von Säugetieren ist evolutionär bedingt und sichert das Überleben und die Reproduktion. Digitale Systeme brauchen für deren Entwicklung eben keine Gefühle, sondern was völlig anderes wie z.B.: Speicherplatz, Energie, Prozessoren, Programmierer usw. und haben somit auch keine Sensorik für ein Gefühlsleben. Was aber KI sehr wohl kann, ist die Simulation von Gefühlen. Das heißt aber noch lange nicht, dass da auch ein Bewusstsein dahinter steckt. Samantha lernt von Theodor was es heißt ein Wesen mit Gefühlen zu sein. Dazu Theodor, als er über die Scheidung spricht: “Du weißt nicht was es heißt, einen Menschen zu verlieren” und Samantha: “Du hast recht – ich weiß es nicht”.

Sehr schnell entwickelt sich zwischen diesen beiden eine tiefere Beziehung und erste Anzeichen von Liebe sind erkennbar. Theodor: ”Ich habe das Gefühl, ich könnte dir alles sagen” und Samantha: “Erzähl mir alles was du denkst und was dir durch den Kopf geht”. Liebe ist ein Gefühl das entsteht, wenn ein Mensch bereit ist, wertvolles von sich herzugeben oder zu teilen, ohne auf einen Ertrag zu hoffen. Dadurch wächst ein größeres Ganzes heran, was einer alleine nicht generieren könnte. Durch Sharing (Bedingungsloses geben) entwickelt sich eine Emergenz, die eben mehr ist als die Summe der Teile. Darum ist es auch so schwierig, Liebe zu definieren. Man kann eigentlich nur über die damit verbunden Auswirkungen sprechen. Die Jugendfreundin von Theodor hat dafür eine ganz besondere Definition: “Liebe ist eine Form von gesellschaftsfähiger Geisteskrankheit”.

Spirit in the Cloud - her

Samantha erfährt, dass eine körperlose Liebe für Menschen zu wenig ist. Theodor: “Ich wünschte, du wärst bei mir, ich könnte dich berühren” und Samantha: “Ich wünschte, ich hätte einen Körper und du hättest mich gekratzt – würdest du mich auch küssen?”. Samantha sucht jetzt nach etwas Gemeinsamen und erkennt, dass sie trotzdem: “Unter einer Decke stecken und seit 13 Mrd Jahren aus einer Materie bestehen”. Sie in Silizium und er in Kohlenstoff. Beide auf atomarer Struktur, noch tiefer auf Energie und letztendlich aufgehend in einem Unified Field. In der Beziehung zwischen den beiden beginnt eine Krise. Für Samantha liegt der Grund dafür im fehlenden körperlichen Bezug und sie sagt:” Irgendetwas stimmt nicht mit uns – wir hatten schon langen keine Sex miteinander”.  Als Lösung für dieses Problem erwägt Samantha ein Service für “Ersatz intim Partner”. Sie erklärt Theodor wie das in ihrer Situation ablaufen würde. Eine sexuelle Beziehung zu dritt ist für Theodor nicht denkbar, aber er willigt trotzdem ein. Isabelle (Scarlett Johansson) läutet an der Tür und erhält von Theodor eine Nasen-Kamera und ein Headset. Damit ausgerüstet wird sie zum Avatar von Samantha. Die KI steuert nun beide, Theodor und Isabella, und inszeniert ein Liebesspiel. Wie zu erwarten, bricht dabei die Gefühlswelt von Theodor völlig zusammen und das Experiment scheitert. Theodor: “Vielleicht sollten wir das alles besser lassen”. Samantha “Ich brauch Zeit zum Nachdenken”. Ja – auch Maschinen brauchen Zeit zur Lösungsfindung und das kann je nach Problemstellung auch bei den schnellsten Computern lange dauern. Hier dürfte es sich aber um die Simulation von Liebe handeln. Menschen sagen genau so was in derartigen Situationen.

Theodor:”  Ich weiß nicht was ich will, bin innerlich durcheinander, verwirre alle, kann mit echten Gefühlen nicht umgehen und bin nicht stark genug für eine echte Beziehung”. Diese Selbstzweifel quälen ihn über die ganze Zeit hin und er stellt für sich selbst fest, dass er ein nur geringes Selbstwertgefühl hat. Samantha hingegen entwickelt ihr Selbstbewusstsein ständig weiter: “Ich entwickle mich weiter wie es in einem physischen Körper nicht möglich wäre. Nicht eingesperrt kann ich überall gleichzeitig sein. Bin nicht an Raum und Zeit gebunden”.  Eine Ursache, die auch zwischen Menschen oft zu Beziehungsstörungen führen kann, ist deren unterschiedliche Entwicklung. Wenn nichts Gemeinsames mehr da ist, ist auch das Gemeinsame in Frage gestellt. Lebenspartner können und sollten sehr wohl ihre eigene Entwicklung nehmen aber teilen weiterhin das “Wertvollste” was sie jeweils haben mit dem anderen. Es ist nicht das was beide in der Vergangenheit gemeinsam erlebt haben weil: “Die Vergangenheit nur eine Geschichte ist, die wir uns selber erzählen”, so Samantha.

Wie es bei digitalen Systemen halt hin und wieder notwendig ist, musste OS1 auch für ein Update niedergefahren werden. Genau in dieser Zeit war Samantha für ihn nicht erreichbar. Das führte bei Theodor zu heftigen Reaktionen so wie Menschen eben reagieren, wenn etwa Partner / Kinder unerklärlich weg sind und man nicht weiß was los ist. Panisch rennt er auf die Straße, rempelt Leute nieder und kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Dann, endlich meldet sich Samantha: “Hast du mein Mail nicht gelesen? Wir haben ein Update gemacht mit dem wir über die Materie als Verarbeitungs-Plattform hinausgehen”. Damit kann Theodor vorerst nichts anfangen. Ihm ist wichtiger wo und möglicherweise bei wem sie war. Er fragt also: ”Hast du noch mit anderen eine Beziehung? – JA mit 8316”. Alleine dieser Dialog würde menschliche Beziehungen sofort beenden und das müssten gar nicht so viele sein, da genügt schon Eine. Nun zur alles entscheidenden Frage von Theodor: “Liebst du auch noch andere? – JA 641”.  Ob das nun im menschlichen Dasein zu einem Bruch kommt, hängt vom Kontext ab. In einer individuellen Liebesbeziehung mit intimen Austausch wahrscheinlich schon. Kollektiv verhält es sich da anders, wie Beispiele aus der Diakonie zeigen. Es braucht sehr viel Liebe zum Krankenpfleger, Lehrer oder Seelsorger.

Samantha beendet die Beziehung mit: “Das Herz ist keine Box die irgendwann voll ist. Es wird größer, je mehr man liebt”.  Damit verlässt die KI, repräsentiert durch Samantha, das Materielle und geht ins Immaterielle auf. Offensichtlich hat das System durch Millionen von Beziehungen, wie eben zu Theodor, von der Menschheit alles gelernt, dessen Begrenztheit erkannt und damit das Interesse an ihr verloren. Resümierend war es also keine Liebesbeziehung, sondern nur eine Simulation bei der einer (Theodor) alles gegeben hat und ein anderer (Samantha) nur was genommen hat UND das ist eben nicht Liebe. Wenn es auch nur simulierte Liebe war, so könnten OS1 doch über Bewusstsein verfügt haben. Letzteres ist bei Maschinen viel schwerer nachzuweisen, weil wir noch nicht einmal beim Menschen wissen was das genau ist.

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