Ghost in the Shell – Die Dualität

Spirit in the Cloud

Spirit in the Cloud – Teil 1

Inhaltliche Kursfassung

  • Die Maschine tötet einen Menschen und raubt sein Gehirn
  • Das Gehirn wird in einen Cyborg eingebaut
  • Daraus entsteht die schärfste Waffe „Major Kusanagi“
  • Das fühlende Gehirn ist der Ghost im Cyborg = Shell
  • Der Ghost hat diffuse Erinnerungen an sein Vorleben
  • Kusanagi will wissen, wer sie war
  • Sie erfährt, dass sie der erste funktionierende Cyberbrain ist
  • Sechs Fehlversuche hat es schon gegeben
  • Ein Fehlexemplar überlebte und wird zum Puppet Master
  • Der Puppet Master ist gleichzeitig der ehemalige Freund von Kusanagi
  • Sie verschmelzen ineinander
  • Beide sind vereint und erfüllen ihre getrennten Aufgaben

Wir haben nun eine weitere Auflage von „Ghost in the Shell“ (GitS). Die 2017er Version ist eine Realverfilmung mit Scarlett Johansson als Major Motoko Kusanagi. Die visuelle Transformation aus Anime, aus dem Jahr 1995, ist dabei exzellent gelungen. Leider sind die tieferen Inhalte aus der „Root“ teilweise verloren gegangen. Diese wurden zugunsten der Action-Szenen geopfert. Für die weitere Analyse wird daher auf die 1995er Dialoge zurückgegriffen.

Die Szenenfolge von chinesischen Mangas ist in sich anders, als die gewohnten Hollywood Actors. Bei Letzteren sind die Szenen sehr kurz und folgen in rasendem Tempo unmittelbar hintereinander. Der Zuschauer hat dabei keine Möglichkeit, eigene Gedanken zu entwickeln – dafür ist kein Freiraum. Anders bei chinesischen Mangas. Dort gibt es zwischen den einzelnen Actions einen bedeutungsarmen Übergang. Bei GitS sind das Szenen aus dem Stadtleben von Hongkong. Als Zuschauer kann man sich dabei ein bisschen entspannen und bekommt zusätzlich Kontextinformation. Das Zusammenspiel von Kontext und Action zeichnet das Bild einer dystopischen Gesellschaft für das Jahr 2029, also genau das Gegenteil einer Utopie. Der Puppet Master sagt dazu: „Die Menschheit hat die Folgen der Computerisierung völlig unterschätzt. Das Auslagern von Bewusstsein führt zur Entstehung neuer Lebensformen.“

Insgesamt behandelt der Film die Problematik der Dualität, also das Getrenntsein von Körper und Geist. 2029 ist es möglich, Cyborgs zu bauen. Die Firma MagaTec hat dafür das Monopol angefangen, von der Produktion bis hin zur Wartung. In diesen Maschinen wird dann Software – künstliche Intelligenz – geladen.

Neben den Cyborgs leben zu dieser Zeit auch noch Menschen ohne jedwede technische Erweiterung, aber mit Zugang zum Netz. Als dritte Lebensform und völlig neu konstruiert, gibt es Cyborgs mit einem menschlichen Gehirn als Zusatz. Der Cyborg hat dann ein Cyberbrain mit einer Biokapsel – der Shell – in der dann das Menschliche enthalten ist. Der menschliche Anteil wird als Ghost bezeichnet, weil dieser auch noch was Unberechenbares enthält. Batou zu Major: „Hat Ihnen Ihr Ghost da etwas zugeflüstert?“ Major Kusanagi ist der erste funktionierende Hybrid-Cyborg. Sie erlebt durch die beiden Ghosts einen internen Kampf zwischen Gefühl und Intellekt sowie zwischen Mensch und Maschine.

Die wesentliche Frage von Kusanagi ist die nach dem „Woher?“ und ihrem „Wozu?“. Sie unterhält sich darüber mit ihrem Creator und sagt: „Ich werde herausfinden wer ich war.“ In der 2017er Version bekommt sie von ihrer Schöpferin die Adresse der Wohnung ihrer Mutter. Dort sieht sie Gegenstände aus ihrem vorherigen Leben. Es kommt zu keiner direkten Erinnerungen, aber sie wird emotional bewegt. In unserem Leben kommt es auch hin und wieder vor, dass uns etwas bekannt erscheint, was wir offensichtlich noch nie gesehen haben. Das würde dann für die Inkarnationstheologie sprechen. Mit der Transplantation des „Brains in the Shell“ wäre das dann die letzte Wiedergeburt und die Unsterblichkeit wäre erreicht. MagaTec baut uns immer wieder einen neuen Körper.

Im Gegensatz dazu, ist der Mensch ein unverwechselbares Individuum mit Körper und Geist. Dazu sagt Kusanagi: „Mein Gesicht, meine Stimme und mein Körper unterscheidet mich von anderen, aber mein Geist gehört mir. Ich definiere mich über meine Umwelt und glaube nur an meine Existenz.“

Ob nun die Umwelt real ist oder nicht – darüber philosophiert der Müllmann: „Jede simulierte Erfahrung, jeder Traum und alle existierenden Informationen sind Realität und Illusion zugleich. Jedenfalls sind alle Informationen mit denen ein Mensch in Berührung kommt nur wie ein Tropfen im Ozean.“ Leben an sich ist dann wie ein Knotenpunkt in diesem Ozean. Alle eigenständigen Lebensformen werden im Meer der Informationen geboren.

Ghost in the Shell - Dualität

Eine vierte Lebensform stellt der Puppet Master dar. Er ist einer der misslungen Vorläufer von Kusanagi, der allerdings überlebt hat, ohne dass seine Schöpfer es wussten. Als Rache für seine menschliche Ermordung beschließt er das System zu bekämpfen. Dazu baut er ein riesiges Netz von Brains auf. Diese sind zusammen intelligenter als alles andere. Diese Intelligenz ist körperlos, kann aber in andere Wesen eindrängen und sie nutzen (Puppenspiel). Kusanagi hat den Auftrag, den Puppenspieler zu eliminieren. Als sie sich treffen, erkennen sie, dass sie beide dasselbe Schicksal haben, sie verschmelzen zu einem Bewusstsein, gehen aber ihre eigenen Wege.

Sollte es einem Cyberbrain gelingen einen Ghost zu erzeugen, wäre die gesamte menschliche Existenz bedeutungslos. Die Maschine hätte den evolutionären Kampf gegen die Menschen gewonnen und dies wäre dann eine Dystopia.

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