Bewusstsein 2.0 – Teil 3

Über die Seele machen sich die Menschen schon mehr als dreitausend Jahre Gedanken. In Logos (Philosophie), Eros (Psychologie) und Kosmos (Theologie) kommt das jeweils unterschiedlich zum Ausdruck. Eine bewusste Auseinandersetzung damit begann mit der griechischen Philosophie. In dem Augenblick wo sich Menschen mit einem Leib – dem eigenen Körper beschäftigen – bleibt eigentlich nichts mehr übrig als auch eine Seele “zu installieren”. In der östlichen Philosophie wird der Mensch eher ganzheitlich gesehen und verfügt daher über weniger individuelle Seele. Die Körperfeindlichkeit in der katholischen Tradition führte zu einer Überbewertung der Seele. Dies wurde dann auch über Jahrhunderte hinweg durch enormen sozialen Druck in Macht umgesetzt. Die Angst, dass die eigene Seele in die Hölle kommen könnte war allgegenwärtig.

Bewusstsein 2.0 - Folie 6

Einen philosophischen Höhepunkt erhielt das Thema „Seele“ in der Auseinandersetzung die Rene Descart evozierte. Dabei kam er zur Erkenntnis, dass die Seele eine eigene Substanz sei, welche grundsätzlich andersartig als die Materie ist. Die Verbindung zwischen diesen beiden Substanzen fand DESCARTES im Gehirn. Der Mandelkern, die Amygdala, sollte die Verbindung sein. Diese Trennung hat Nachteile, aber sie hat den Weg für die Naturwissenschaften freigemacht.  In deren Folge ist zu überlegen ob die Substanz Seele mit ihren Eigenschaften möglicherweise auch im Gehirn abgebildet werden kann. Dazu gibt die Gehirnforschung folgende Definition:

Die Psyche wird hier synonym mit dem Begriff der Seele verwendet und bedeutet: “ die Gesamtheit aller kognitiven und emotionalen Zustände, die Einfluss auf unser Verhalten haben. Diese können unbewusst,vorbewusst oder bewusst sein”. Die Seele hat viele Eigenschaften und Ausprägungen.  Die wesentlichen drei sind das Temperament, die Beziehungsfähigkeit, und das Emotionale – Empathische.

Das Temperament sitzt im Hypothalamus des Gehirns und wird  bereits vorgeburtlich  angelegt.  Der Einfluss der Mutter während der Schwangerschaft ist in dieser Entwicklungsphase wesentlich höher als bisher angenommen.  Die grundsätzliche Veranlagung ist in den Genen codiert aber die Umsetzung dieses Codes, also Anpassung an das Umfeld, erfolgt durch sogenannte epigenetische Prozesse. Diese beginnen im embryonalen Stadium, sind von der Psyche der Mutter dominiert und lassen sich nach der Geburt nur mehr sehr schwer verändern.

Die Bindungserfahrung ist in der Amygdala lokalisiert. Das sind Emotionen wie Furcht, Freude, Angst, Glück, Neugier, usw. Sehr wesentlich ist die Fähigkeit, Gefühle bei anderen Menschen zu Erkennen – die Empathie. Dieser Teil der Seel wird in den ersten Lebensjahren entwickelt. Die Psychologie spricht hier von der Bindungserfahrung vor und hauptsächlich nach der Geburt. Diese frühkindliche Bindungserfahrung entsteht meistens zwischen Mutter und Kind. Das Kind lernt ganz früh (bis 3. LJ) die Mimik der Mutter zu deuten. Die Beziehungsfähigkeit wird im Kleinstkind-Alter angelegt und lässt sich im späteren Leben nur mehr schwer verändern.

Mother and baby

Das Emotionale und Soziale ist im Präfrontalen Cortex angesiedelt. Eigenschaften wie Freundschaft, Liebe, Moral, Ethik, Dominanz, usw. gehören hier dazu. Diese Entwicklung passiert hauptsächlich im Kindergarten-Alter und verläuft bis in die Jugend hinein. Dieser Prozess ist eigentlich nur mehr eine Anpassung (Sozialisierung) der psychischen Grundstruktur von Temperament und Bindung. Durch die Sozialisierung entsteht auch das Gewissen welches später für das soziale Verhalten ausschlaggebend ist. Das Gewissen haben die Hirnforscher im orbitofrontalen Cortex lokalisiert. Schmerzempfinden und Empathie lassen sich in der neuronalen Struktur ebenfalls verorten. Emotionale und soziale Fähigkeiten lassen sich im späteren Leben immer noch lernen, sind aber auch mit erheblichen Anstrengungen verbunden.

Diese drei wesentliche Attribute der Seele sind heute neuronal sehr gut verortet. Die jeweilige neuronale Vernetzung ist sehr stabil und bewusst nicht veränderbar. Eben deshalb weil sie dem Bewussten nicht zugänglich sind. Auch Psychoanalytiker könne in der Tiefe der Seele nichts machen. Alles was dort zu Tage kommt wird bewusst und ist damit nicht die “Grundverschaltung” die eben unbewusst bleibt.

Für den Biobetrieb der Seele sind drei (von sechs) Hauptsysteme verantwortlich. Das sind die Stressverarbeitung, die Selbstberuhigung und die Bindung.

Die Stressverarbeitung, also das auf- und abregen, wird im Hypothalamus ausgelöst und führt zu  Cortisolausschüttung in der Nebenniere. Dadurch werden Gehirnariale sowohl aktiviert (Aufmerksamkeit) als auch  deaktiviert (Intellekt). Bei Zuviel an Cortisol regelt der Hippocampus die Ausschüttung wieder zurück. Der Mensch sollte sich wieder abregen. Permanent hoher Cortisolspiegel ist bekanntlich gesundheitsschädlich – macht depressiv.

Das Selbstberuhigungssystem wird durch die Serotonin Ausschüttung reguliert. Die Entwicklung dieses Systems beginnt bereits Pränatal (⅓).  Hauptsächlich manifestiert sich dieses in der frühkindlichen Entwicklung (⅔). Umfeldfaktoren wiegen hier mehr. Meist treffen ein schlechter psychischer Zustand der Mutter während der Schwangerschaft mit einem aggressiven Umfeld zusammen. Und NUR dann sind Verhaltensauffälligkeit und Gewaltbereitschaft die Folge.

Die frühkindliche Bindungserfahrung (Primär Beziehung) wird im System durch die Oxytocin Ausschüttung entwickelt. Dies trägt zum Teil auch zur Beruhigung bei und regt die Bildung neuer Nervenzellen an. Starke Bindungsfähigkeit ist also der Schlüssel zum Wohlbefinden. Auch bei Erwachsenen führt ein Oxytocin Ausschüttung noch zu Zellbildung. Es ist ja bekannt, dass bei neuen intensiven Beziehung auch Verhaltensänderungen vorkommen. Erkenntnis daraus:

Verhaltensveränderungen bei Erwachsen sind für bindungsfähige Menschen leichter. Umgekehrt ist bei psychischer Erkrankung vorerst einen Beziehung zum Therapeuten aufzubauen (gibt es aber nicht auf Krankenschein) erst danach kann mit der eigentlichen Arbeit begonnen werden.  Gleiches gilt für Lehrer/Schüler- und Meister/Lehrling-Beziehung.

Beziehung ist demnach die wichtigsten Eigenschaft in der Substanz Seele. Ob diese auch digital als AS (Artificial Soul) entwickelt werden kann zeigt der Kinofilm “HER”.

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