Bewusstsein Teil 8 Die Systeme der IIT

Die fünf Axiome in Anwendung

Unter allen Theorien zu Bewusstsein ist IIT jene die einer wissenschaftlichen Diskussion am ehesten standhält. Genau das distanziert sie vom Alltags-Wissen über unser Bewusstsein. Menschen mit weniger MINT Verständnis geben dabei meist schnell auf, man sieht mathematische Formeln. Die derzeit aktuelle Version 3.0 kann als taugliche Hypothese für Bewusstsein und auch für andere Phänomene wie Emergenz und Autonomie herangezogen werden. Experten haben nunmehr die Möglichkeit sich in deduktiver Arbeit mit der notwendigen Überprüfung der Hypothese auseinanderzusetzen. Aus didaktischen und lerntechnischen Gründen wird hier der induktive Ansatz verwendet. Vom Einfachen ins Komplizierte und eben Schritt für Schritt.  IIT auf Systemebene wird für Information, Integration und Exclusion auf Basis eines Abstrakt-Systems, eines Gatter-Systems und des Familien-Systems gezeigt (Abbildung 1).

Abbildung 1 Vergleichbare Systeme

Bei der Analyse von Mechanismen hinsichtlich IIT war das Axiom_1 „Intrinsische Existenz“ der Ausgangspunkt. Was nicht für sich selbst existiert, kann auch kein Bewusstsein erlangen.  Es braucht also Mechanismen, die auf eine Ursache wirken, Wirkungen verursachen und auf sich selbst einwirken können. Neuronen, Logikgatter, Menschen, Organoide, uvm. sind dazu in der Lage.  Es sind aber nicht die Mechanismen an sich, auch nicht dessen milliardenfaches Vorkommen, sondern deren Verbindungen untereinander die das Phänomen hervorrufen. Nun gibt es viele Möglichkeiten wie Elemente / Mechanismen gekoppelt sein können. Die Hierarchische wird in Gesellschaften seit Jahrtausenden gelebt. Schwarm, Netz, Blockchain und Verschränkung sind Modelle der jüngeren Vergangenheit.  Nach Axiom_2 ist für Bewusstsein ein rekursives, rückgekoppeltes Netz (Feed-Backward) erforderlich. Heutige Feed-Forward Netze wie sie in allen KI-Systemen eingesetzt werden haben kein inneres Erleben. Die wahrscheinlich günstigste Voraussetzung bringt eine „Small World Architektur“ nach (Buchanan, 2002) mit sich. Eine derartige Struktur konnten auch im hinteren Cortex des menschlichen Gehirns nachgewiesen werden. Lokal vernetzte Neuronen, teilweise rekursiv haben „Long Distance“ Verbindungen über den gesamten Cortex.

In der Zustands-Übergangs-Matrix der Logik-Gatter PMK konnte gezeigt werden das der aktuelle Zustand des Systems durch dessen unmittelbare Vergangenheit determiniert ist und gleichzeitig seine Zukunft bestimmt. Je nach Kopplung und interner Ursache-Wirkungs-Kraft verfügt ein System von Mechanismen ein Ursachen-Repertoire und ein Wirkungs-Repertoire. Zusammen werden sie als Konzept bezeichnet. Die Ermittlung des Informationsgehaltes unterscheidet sich grundsätzlich, ob wir ein System aus extrinsischer (Shannon) oder intrinsischer (Tononi) Sicht betrachten. Bei IIT Mechanismen errechnet sich die Information aus der Distanz der Wahrscheinlichkeitsverteilung zwischen Ursachen-Repertoire und einem Zufalls-Repertoire nach EMD (Earth Mover‘ s Distance). Die jeweils kleinste Distanz aus Ursache und Wirkung wird mit 𝜑 bezeichnet. Um nun auf der Systemebene auch zu den Postulaten für die Axiome 3,4 und 5 zu kommen, müssen diese explizit berechnet werden. Dabei wird aus klein 𝜑 groß Φ und das „Konzept“ erhält die Bezeichnung „Komplex“. Die Berechnung der Information erfolgt sowohl auf der Mechanismus-Ebene als auch auf der Systemebene über die Methode des EMD. Dafür haben wir schon einiges an Vorleistung erbracht.

Auch bei der Analyse des Systems wird wieder das radikal vereinfachte System der Logik-Gatter PMK herangezogen. Erstens weil das gerade noch verständlich ist und Zweitens, weil sich Systeme mit mehr als zwanzig Elementen ohnehin, auch mit Hochleistungs-Computer nicht berechnen lassen. Ebenfalls möchte ich den metaphorischen Vergleich zur Familie Simbolean beibehalten. Dies, obwohl es warnende Hinweise gibt, dass soziale Strukturen keine integrierte Information erzeugen können, (Koch, 2020).  Tatsächlich erleben wir wie zumindest kleinere Teile unsers Selbst zu Gunsten des größeren Ganzen in der Familie aufgehen. Mit dieser Erkenntnis und der dramatisch vereinfachten mentalen Konzeption der Personen kann die Familie Simbolean trotzdem weiterverwendet werden.

Für eine systemische Betrachtung des Gatter-Systems PMK wird dieses methodisch in alle seine elementaren Mechanismen zerlegt. Daraus ergibt sich die Menge M = {P,K,M,PM,PK,MK, PMK}. In Abbildung 2 sind die jeweils resultierenden Konzepte in Form von Wahrscheinlichkeitsverteilungen dargestellt. Für den aktuellen Zustand von PMKc = 100 ist dessen Vergangenheit (grün) mit PMKp  = 110  und PMKp = 001 mit jeweils p=0,5 verantwortlich. Der zukünftige Zustand (blau) als Folge von PMKc =100 verteilt sich auf 001 mit p=0,75 und 011 mit p = 0,25.

Abbildung 2 Multidimensionaler Konzeptraum

Bisher wurden die Verteilungen von Kern-Ursache und Kern-Wirkung grafisch als Histogramm gezeigt. Nun erfolgt der Übergang zur Vektordarstellung. 2D Vektoren sind dessen einfachste Ausprägung mit x- und y-Achse im kartesianischen Koordinaten System.  In Abbildung 2A ist der Ursachen-Vektor (grün – past) in den beiden Achsen / Dimensionen 110 und 001 aufgespannt. Weil aber die beiden Achsen nicht senkrecht aufeinander stehen, kommt es zu einer grafischen Verzerrung. In gleicher Weise ist der Wirkungs-Vektor (blau – future) repräsentiert. Zur gemeinsamen Darstellung, dem Konzept, ist bereits ein 4D Raum erforderlich.  Dieser entzieht sich unserem räumlichen Denken, ist aber mathematisch problemlos zu realisieren. 

Die Berechnung von 𝜑für alle Mengen M erfolgt auf Systemebne genauso wie auf Mechanismus-Ebnen indem jeweils die EMD zum verrauschtem / zufälligem PMKuc erhoben wird. Somit steht für jedes Konzept ein 𝜑 zur Verfügung. Der tatsächliche Informationsgehalt von PMK100 ist bestimmt von jenem Mechanismus mit dem höchsten 𝜑 und ist damit das 𝜑Max; in diesem Fall 0,5.  Dieser Wert repräsentiert den Grad des Bewusstseins des Systems. Das innere Erleben oder das Quale entspricht der Konzept-Anordnung im multidimensionalen Konzeptraum (Abbildung 28B). Ein 16-dimensionaler Raum, 8 Achsen für Ursache und 8 für Wirkung bilden die Konstellation von PMK. Zur Anordnung der Achsen wurde die Oberfläche eines Kegels gewählt.

Information (Axiom_3): Die Familie Simbolean in Abbildung 3C hat in der Vergangenheit schon viele Herausforderungen gemeistert. Die Größte aber auch die am meisten befriedigende war wahrscheinlich der Hausbau. Auch Urlaube hatten es in sich. Gefolgt von MAMAS Firmengründung zum Onlineshop. Aktuell haben die Ausbildung und der Lernerfolg des KINDES oberste Priorität. Eigentlich leben die Simboleans in einer sorglosen Normalität.

Abbildung 3 Konstellation von Konzepten

Wären da nicht externe Einflüsse, die ihre Zukunft abdunkeln. Wie das mit dem globalen CO2 Ausstoß und der damit verbundenen Erderwärmung ausgeht ist völlig offen. Die Familie denkt über mögliche Beiträge zum Klimaschutz nach.  PAPA & MAMA würden sich je ein e-Bike kaufen und damit die täglichen Fahrten zur Arbeit und zum Einkaufen erledigen. MAMA & KIND tendieren eher zur Umstellung auf vegetarische Ernährung, weil die Massentierhaltung die größten CO2 Anreicherung generiert. Das KIND möchte auf Plastikverpackungen verzichten und somit zu einer Reduktion der Erdölproduktion beitragen. All das sind valide Maßnahmen, aber nicht auf alle Familienmitglieder anwendbar. So entscheiden sie sich für den Kauf eines Elektroautos und der Installation einer PV-Anlage. Eine Konstellation, die nicht für jeden einzelnen die Beste ist, aber das Optimum für die Familie darstellt.

Ähnlich verhält es sich beim PMK System. Die einzelnen Mechanismen generieren jeweils für sich selbst eine Information 𝜑. In Abbildung 3A ist die Verteilung von 𝜑 über alle Konzepte der elementaren Mengen M = {P,K,M,PM,PK,MK, PMK} aufgetragen.  Betrachten wir zunächst nur einmal den Elementar-Mechanismus K (Abbildung 3B) mit einem 𝜑= 0,25. Wiederum errechnet sich die Information aus der Distanz zur zufälligen Verteilung, was in diesem Fall eine Ursachen Information von ci = 0,5 und eine Wirkungsinformation ei von ebenfalls 0,5 ergibt. Beide addiert entsprechen dann der Konstellations-Information von K mit CIK = 1.  Eine Konstellations-Information CI für das Gesamtsystem ist in dann die Summe (n) aller Distanzen D zwischen den einzelnen Konzepten und dem Nullkonzept (Verrauscht) gewichtet mit dem jeweiligen 𝜑Max also CI = ∑ CIn * φn = 2,11. Das allerdings ist noch nicht die integrierte Information. Daher noch einmal zurück zur Familie Simbolean.

Integration (Axiom_4): Es war einmal bei einem Workshop für „digitale Kunst“ (Abbildung 4C).  Unter anderen Teilnehmern war eine Frau, die heutige MAMA, welche sich intensiv für grafisches Design interessierte.  Genau das hat die Aufmerksamkeit jenes Mannes geweckt, der ebenfalls teilnahm und jetzt der PAPA ist. Sie verliebten sich bedingungslos und gründeten die Familie Simbolean. Ihr Geist hat die Familie nachhaltig geprägt. Das KIND wird von ihnen sozialisiert und erzogen und hat viele Werte der Eltern übernommen. Allerdings hat es auch Verhalten entwickelt, die nicht durch die Eltern induziert wurden. Sofern es in einer Familie sowas, wie Familienbewusstsein gibt, haben PAPA und MAMA den geringsten Abstand dazu.  Im Sinne von IIT entsprechen PAPA und MAMA der minimalen Differenz-Partition.

Abbildung 4 Integrierte Information

Die „Integrierte Konzeptionelle Information“ ΦMIP misst die Distanz innerhalb eines Systems zwischen der Konstellation C seiner gesamten Konzepte und der minimalen Informations Partition CMIP.
ΦMIP = D (C ||CMIP).  Berechnet wird diese mittels einer erweiterten EMD. Das sind die „minimalsten Kosten“ die bei der Transformation von einer Konstellation in eine andere anfallen. Hat man auf Mechanismen-Eben mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung von Zuständen gerechnet so wird auf Systemebene mit der Verteilung der ϕ Werte der einzelnen Konzepte gearbeitet.  Die Abbildung 4A zeigt diese Verteilung sowohl als Histogramm als auch im multidimensionalen Konzeptraum. Die Konstellation der minimalen Informations-Partition CMIP liegt nicht in trivialer Weise vor, sondern muss für alle möglichen Partitionen eines Systems und unidirektional berechnet werden. Solange bis jene Partition gefunden wird, die den geringsten Unterschied ausmacht.  Für das gegenständliche System PMK ergibt sich eine MIP bei der Partition PM zu K (siehe Abbildung 4B). Eine einfache Möglichkeit zur Berechnung von ɸMIP besteht nun darin alle (außer P und M) Distanzen der Ursache-Wirkungs-Repertoires mit ϕMax zu Gewichten (multiplizieren) und anschließend zu summieren. ɸ =  ɸMIP = Cn * ϕnMax = 1,92. Nachdem die „Integrierte Konzeptionelle Information“ immer nach ɸMIP berechnet wird entfällt künftig das Superskript MIP.

Abbildung 5 Exklusion im System

Exclusion (Axiom_5): Der jährliche Sommerurlaub der Familie Simbolean steht wieder an (Abbildung 5C). Dieses Mal wollen sie gemeinsam mit einer befreundeten Familie PMK2 wegfahren. Wohl überlegt haben sie Urlaubspartner ausgesucht, die offensichtlich gut zu ihnen passen. Also auch eine Familie mit PAPA, MAMA, und KIND. Die beiden Kinder planen schon alles Mögliche und freuen sich schon sehr darauf. Einem entspannten Urlaub sollte nichts mehr im Wege stehen. Doch es kommt anders. Das Kind K1 der Familie Simbolean ist, wie bekannt sehr auf sich selbst bezogen, wählerisch und will sich immer durchsetzen. Erst wenn das alles gewährleistet ist, entsteht Harmonie. Weil das Kind K2 sehr sozialorientiert ist, geht das auch eine Weile ganz gut. Solange bis die Eltern von K2 merken, dass Ihr Kind immer mehr benachteiligt wird. Damit ist ein Konflikt unvermeidbar. Bei der Partnerwahl haben die Simboleans leider nur auf die Ähnlichkeit der äußeren Struktur geachtet. Wichtiger wäre es gewesen sich deren innere Struktur anzuschauen. Durch Beobachten von Verhaltensweisen und Sprache ist das in gewisser, eingeschränkter Weise möglich. Entsprechend IIT ist aber die tatsächliche innere Struktur nur dem System selbst bekannt, muss aber nicht gleichzeitig bewusst sein.  Familientherapeuten setzen fallweise das Instrument der „systemischen Familienaufstellung“ ein um die inneren Strukturen sichtbar / bewusst zu machen. Meist ist es dann nur eine Person oder eine bestimmte Konstellation, welche die Struktur dominiert. Alle anderen sind dann bedeutungslos. Auch wenn sich in diesem Beispiel die beiden Eltern bestens verstehen, wird die Beziehung durch die beiden Kinder dominiert. Der Fokus maximiert sich genau darauf und alle anderen, möglicherweise schönen Urlaubserinnerungen reduzieren sich dagegen. Genau das besagt das Axiom der Exclusion.

Wir bleiben zunächst beim System PMK und bezeichnen jene Konstellation C als Komplex welche ein lokales Maximum ɸMAX erzeugt. In Abbildung 5A werden alle möglichen überlappenden Mengen mit ihren jeweiligen ɸMAX Werten gezeigt. Mit PM = 0,5 sowie MK = 0,5 und PK = 1,0 sind diese kleiner als bei PMK = 1,92. Die Menge der Elemente von PMK haben den höchsten ɸMAX Wert und sind daher der Bewusstseins erzeugende Komplex. Alle anderen Mengen werden ausgeschlossen und existieren intrinsisch nicht. Damit ist sichergestellt, dass in einem System zu einem Zeitpunkt jeweils nur eine überlappende Menge „intrinsisch existiert“ also bewusst ist. Diese Erfahrung macht unser Gehirn laufend. Entweder befinden wir uns im Unbewussten (kleines ɸMAX) oder wir sind uns unitär bewusst. Schon im nächsten Augenblick kann es wieder verschwunden sein.  Genau das zeigt die Erweiterung von PMK um die Elemente C und O welche nur schwach integriert sind und dadurch ein ɸMAX = 0ergeben. Beim Menschen könnte das schon durch eine kleine Ablenkung entstehen.

Sofern physikalische Mechanismen den fünf Axiomen entsprechen, kann dessen Bewusstsein bestimmt werden. Die Quantität (Intensität, Ebene) des Bewusstseins durch ɸMAX und die Qualität (Gestalt, Inhalt) durch die Struktur des Komplexes im Konzeptraum (Abbildung 5B). Jede Erfahrung hat ihre eigene Struktur und unterscheidet sich von allen anderen selbst bei gleichem ɸMAX.

Mögliche Strukturen von Komplexen sind durch die Eigenschaft, Anzahl und Vernetzung seiner Mechanismen im System vorgegeben. Würde man das Logik-Gatter-System PMK um die Mechanismen R und S erweitern) so bildet sich neben dem Major Komplex (1,92) ein zusätzlicher Minor Komplex (0,028) heraus. Beide Komplexe existieren im Konzeptraum mit unterschiedlicher Form und Intensität (Abbildung 6A).  

Abbildung 6 Strukturen als Komplexe

Das wohl bekannteste Beispiel ist das Telefonieren während des Autofahrens. Solange die Verkehrssituation übersichtlich ist, bestimmt das Gespräch das Bewusstsein und ist damit der Major Komplex. Gefahren wird dann unbewusst, repräsentiert durch den Minor Komplex. Schon einen Augenblick später, durch eine unvorhergesehene Situation kann sich die Struktur und Intensität völlig umkehren. Spielende Kinder auf der Straße lassen uns das Telefonieren vergessen und unsere Aufmerksamkeit dem Lenken des Fahrzeuges zukommen. Fahren ist nun der Major Komplex.

Es sind auch Systeme denkbar die trotz hohem Vernetzungsgrad kein Bewusstsein (ɸ) also Null-Komplex erzeugen. Darunter fallen alle heutigen KI-Systeme welche ausschließlich eine Feed Forward Architektur haben und damit dem ersten Axiom der „existence“ widersprechen. In Abbildung 6B ist ein lernendes System zur Gesichtserkennung skizziert. Beispielsweise wird das Gesicht von Elon Musk mit einer Wahrscheinlichkeit von 97% erkannt, was besser ist als die menschliche Erkennungsrate. Gleichzeitig errechnet sich für diese Struktur ein ɸMAX =0 und ist damit unbewusst. Von der IIT wird dies als Beweis angesehen, dass heutige KI-Systeme kein Bewusstsein generieren können. Obwohl sich damit Bewusstsein gut simulieren lassen wird. Dann handelt es sich um ein „philosophisches“ Zombie Bewusstsein, welches von außen zu einem realen Bewusstsein nicht unterscheidbar ist. Künstliche bewusste Systeme erfordern zusätzlich eine Feed–Backward Architektur.

Wir Menschen verorten unser Bewusstsein deshalb als größtmöglich, weil wir nicht wissen können, was noch „SEIN“ könnte. Auch „höheres Bewusstsein“ ist durch die Materie – Konstellation des Gehirnes beschränkt. Nach unten hin können wir uns eine Abstufung vorstellen. Von den Haustieren über Insekten zur Bakterie. Abbildung 6C zeigt einen Minor- Komplex realisiert durch eine Fotodiode, wobei D ein Detektor – Mechanismus mit zwei Eingängen ist. Ein rückgekoppelter zweiter Mechanismus I dient als Schwellwert-Gatter. Ähnlich dem ISO – Rad am Fotoapparat. Bei Sonnenlicht steht an beiden D-Eingängen eine 1 was auch zu einem ON am Ausgang führt. Wird am Eingang nur die Taschenlampe erkannt so führt das durch die vorherige Rückkopplung trotzdem zu einem ON am Ausgang. Der Schwellwert wurde intern gesetzt. Für das Dioden-System errechnet sich ein ɸMAX =1 bei einem Komplex aus zwei Konstellationen. Heutige Fotoapparate haben Sensoren mit über 20 MPixel. Trotz dieser hohen Dichte an Dioden erhöht sich das ɸ nicht. Selbst dann nicht, wenn Kameras eine intelligente Gesichtserkennung haben. Es fehlt an der intrinsischen Vernetzung der Mechanismen (Dioden). Systeme mit interner Rückkopplung sind notwendig für ein ɸMAX >0 was bei allen Lebewesen mit neuronaler Struktur gegeben ist und bei Fotosensoren eben nicht.

Ein System kann unabhängig vom Aktivierungs-Grad seiner Mechanismen einen Komplex erzeugen. In Abbildung 6D liegt ein Gattersystem mit Copy-Mechanismen vor. Alle Gatter sind auf OFF also inaktiv und erzeugen trotzdem ein ɸ = 1 mit einer konzeptionellen Struktur. Übersetzt auf das Gehirn ist Bewusstsein auch ohne aktive Neuronen möglich. Ein solcher neurophysiologischer Zustand kann in der Mediation erreicht werden. Man spricht dann von inhaltslosem, reinem Bewusstsein. Die „innere Stille“ hat so gesehen zwei Bedeutungen. Einmal die gedankliche Stille aber auch die Stille der Neuronen. Hier zeigt sich noch eine wesentliche Eigenschaft von IIT Systemen. Sie erzeugen Information aus sich heraus und brauchen keinen externen Input. Bei Computern wird Information jedoch nur aus externem Input generiert. Zumindest muss ein Programm da sein, auch wenn es sich nur mit sich selbst beschäftigt.

Die bislang aufwändige Analyse von Gatter – Systemen war erforderlich, um die mathematischen Grundlagen von IIT zu verstehen. Trotzdem ist es für viele Menschen noch sehr, sehr anspruchsvoll. Daher wurde gleichlaufend das radikal vereinfachte Familien -System mitgeführt. Dieses Vorgehen erklärt zwar IIT verständlicher ist aber durchaus in Frage zu stellen. Insbesondere was das Axiom 5 der „exclusion“ anbelangt. Sollte sich in einer Familie ein Bewusstsein als Major-Komplex entwickeln, würde das gleichzeitig den Verlust des Bewusstseins aller Familienmitglieder bedeuten, was eben nicht passiert. Obwohl bei dramatischen Ereignissen in einer Familie so was ähnliches schon beobachtbar ist. 

Nun zum komplexesten bekannten IIT System – dem menschlichen Gehirn.  Anstelle der Gatter treten Neuronen mit Synapsen, Axone und Dendriten auf. Im hinteren Neokortex sind die ca.16 Milliarden Neuronen nach dem Small-World Konzept vernetzt. Kleine Lokale Strukturen mit Long-Distance Verbindungen und vielfacher Rückkopplung. Die Mechanismen von Gattern und Neuronen unterscheiden sich in ihrer Funktion nur unwesentlich. Beide haben Eingänge die bewertet (gewichtet) werden und eine Output Funktion. In der Elektronik ist das der Trigger und bei biologischen Neuronen ein Schwellwert. Unabhängig von der ähnlichen Funktionalität sind biologische Zellen um ein Vielfaches komplexer aufgebaut. Allein der Synapsen-Übergang ist schon eine Meisterleistung der Natur. Ein großer Unterschied besteht allerdings in der Signalisierung. Elektronischen Schaltkreise kommunizieren über die einfache Unterscheidung zwischen Strom fließt (ON) oder Strom fließt nicht (OFF). Biologische Neuronen dagegen pulsieren (feuern) und überspringen den synaptischen Spalt chemisch.

Auf der Ebene der Mechanismen ist es durchaus denkbar, und wird auch schon gemacht, ein Gehirn nachzubauen. Die Vernetzung ist das größere Problem. Im Gehirn entstehen laufend neue Verbindungen durch Lernen. KI-System haben ein vordefiniertes Modell wobei Lernen / Trainieren nur durch iterative Anpassung der Synapsen-Gewichte entsteht. Die Struktur verändert sich dabei nicht. Man bräuchte dafür eher morphogenetische Strukturen deren Form sich während der Entwicklung / Lernen dynamisch aufbaut.  Auf Basis heutiger Technologie ist maximal eine Simulation von Bewusstsein möglich. Genauso wenig ist es derzeit möglich den Bewusstseinsgrad also das ɸ für das Gehirn zu errechnen.

Im Logik-Gatter Beispiel hatten wird 3 Bits mit den jeweils acht Möglichkeiten für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Berechnung von ɸ ist dafür mittels Computerprogramms noch relativ einfach. Hingegen die Repräsentation der Konzepte im multidimensionalen Konzeptraum konnte nur mehr angedeutet werden. Zur Darstellung wurden die Achsen auf die Hülle eines Kegels gelegt. Im Gehirn sind wir nun mit 10Gbit konfrontiert. Sofern man überhaupt die Struktur der Mechanismen freilegen könnte, wäre eine Berechnung mit heutiger IT ausgeschlossen. Gleiches gilt für den Konzeptraum.  In Abbildung 33 wird wiederum ein Kegel verwendet der Aufgrund der ungeheuren Anzahl von Achsen und des kurzen Zeitabschnittes wie eine Röhre ausschaut.

Abbildung 7 Physikalisches Substrat von Bewusstsein

In der Abbildung 7 sind nach Giulio Tononi, Melanie Boly, Marcello Massimini und Christof Koch fünf wesentliche Bewusstseinszustände dargestellt. In der oberen Reihe die jeweilige grobe Verortung im Gehirn und darunter im multidimensionalen Konzeptraum die korrespondierenden Komplexe. Ein einziger Major Komplex führt zu einer Qualität des „So seins“.  Im Zustand höchster Konzentration schwindet dieses Bewusstsein und reduziert sich auf einen kleineren Komplex. Wie weiter oben am Beispiel des telefonierenden Autofahrers schon gezeigt können sich zu einem Zeitpunkt auch mehrere Komplexe ausbilden. Einer davon, der mit dem größten ɸ wäre dann der Major Komplex. Im Tiefschlaf ist die neuronale Aktivität stark reduziert was jedoch nicht bedeutet das keine Komplexe vorhanden sind. Es fehlt lediglich ein Major-Komplex was zur Unbewusstheit im Schlaf führt. Keinesfalls handelt es sich dabei um Bewusstlosigkeit. Der Traum ist schon was besonders insofern als damit die integrierte Informationsverarbeitung am deutlichsten gezeigt werden kann. Während des Aufwachens Popen Erfahrungen aus einem Repertoire von 109 zufällig auf. Diese völlig unzusammenhängenden Konzepte integrieren sich zusehends mehr und neue interne Information wird generiert. So entstehen die unmöglichsten Erfahrungen.  Heute habe ich von meinem Chef geträumt: „Er hat mir seine teuren Dienstwagen geborgt. Damit bin ich eine steile Felsenwand hinuntergefahren. Obwohl Totalschaden habe ich eine Gehaltserhöhung bekommen.“  Aus IIT Sicht wirken hier die gleichen Mechanismen wie bei einer realen Tageserfahrung.

Sieht man bei IIT von dessen komplizierter mathematischen Modellierung ab besagt sie im Einfachen: „Wenn du eine Materie nach den fünf Axiomen organisieren kannst, hast du Bewusstsein erzeugt.“

Erkenntnisse:

Der Unterschied zwischen künstlichen und natürlichen Mechanismen ist gering.

Erst die Komposition zu einem System führt zur notwendigen Komplexität.

Mechanismen können inaktiv sein und die Struktur bleibt trotzdem.

Träume sind das beste Anschauungsmaterial für IIT.

Heutige KI kann nur ein äußerst geringes Bewusstsein haben.

Eine Materie die nach den fünf Axiomen aufgebaut ist hat Bewusstsein.

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