Prägende Merkmale für eine globale Spiritualität

Mitgefühl - Achtsamkeit_Titelbild

Achtsamkeit ist ein Begriff, der in der ausgewählten Literatur nahezu durchgehend vorkommt. Er bezieht sich sehr häufig auf den Umgang mit der Umwelt. In diesem Fall mit der Globalen.

Ebenso ist Mitgefühl ein Thema das immer wieder aus Sicht der globalen Spiritualität behandelt wird. Nämlich insofern als „Spiritualität ist konkret. Sie speist sich aus Energien und ihre wichtigste Energie kommt aus der Achtsamkeit“ Quarch Christoph – Unsere Welt ist heilig. Auf dem Weg zu einer globalen Spiritualität, Freiburg/Basel/Wien 2009, 24. Achtsamkeit bezieht sich sowohl auf die Umwelt als auch auf das Leben.

Global denkende Menschen erkennen immer mehr, dass wir in einer kleinen zerbrechlichen Welt leben. Der Schutz des Lebens ist nicht ein Zukunftsthema, sondern „Wenn ich im Hier und Jetzt bin, komme ich in Berührung mit der Tiefe des Lebens“ Quarch – Unsere Welt 25. Das heißt, die Lösung globaler Probleme, kann nicht in die Zukunft hinein verlegt werden, sondern muss sofort vorgenommen werden und hängt unmittelbar mit Spiritualität zusammen.

Die verschiedenen religiösen Traditionen haben für den Begriff der Achtsamkeit jeweils unterschiedliche Vorstellungen. So z. B. im Christentum: „Achtsamkeit, Konzentration und Einsicht sind gleichbedeutend mit dem, was die christliche Tradition den „Heiligen Geist“ nennt. Wenn immer Sie achtsam und konzentriert sind, dann ist Gott in Ihnen. Und wenn Gott in Ihnen ist, dann sind Sie sicher. Und lebendig. Sie können dabei unterschiedliche religiöse Traditionen und Terminologien aufgreifen – was zählt, ist, dass Sie dabei die Realität berühren. Denn nur die Realität macht Sie frei und neu und lebendig“ Quarch – Unsere Welt 29. Offensichtlich wird auch hier wiederum und noch einmal auf das Jetzige und auf den Realitätsbezug hingewiesen.

Es ist also nicht so wichtig, welches theoretische Modell und welche Tradition dahintersteckt: „…, sondern auf das, was ganz praktisch im gelebten Leben getan oder unterlassen werden soll.“ Küng – Projekt 89. Diese Aussage trifft Küng in seinem Projekt Weltethos, welche einen sehr stark praxisorientieren Bezug hat.

Achtsamkeit und Mitgefühl als Begriff alleine haben keine Bedeutung für eine gelebte Spiritualität. Menschen brauchen praktische Möglichkeiten ihre Spiritualität in Form der Achtsamkeit und des Mitgefühls auch leben zu können. Demzufolge könnte gelten: „Achtsamkeit ist ein Weg der Einsicht, Weisheit und Heilung, der gerade für uns Menschen der modernen westlichen Welt immer wichtiger wird, denn er führt uns zu dem, was wir in der hektischen und reizüberfluteten Welt der Gegenwart so schwer zu finden vermögen und dessen wir zugleich so dringend bedürfen: innere Sammlung, Konzentration, Gelassenheit und Ruhe.“ Spannbauer – Im Haus 14. Diese Themen wie Konzentration, Gelassenheit und Ruhe werden vielfach in asiatischen Traditionen gepflegt. Möglicherweise wird deshalb ein Zusammenhang zwischen Buddhismus/Hinduismus und einer globalen Spiritualität gesehen. Viele Umweltschutzorganisationen und politische Gruppierungen, beginnend mit der Zeit des „Club of Rom“ stellen Programme und Modelle zusammen, die ein nachhaltiges Leben auf unserer Welt garantieren sollten. Bei diesen vielen Ansätzen hat Achtsamkeit eine besondere Bedeutung als „…, dass Achtsamkeit die einzige Energie ist, die unseren Planeten retten kann, denn sie verändert unseren Geist und unser Herz“ Spannbauer – Im Haus 26.

Ein besonders aktuelles Thema ist der Klimawechsel. Der Großteil der Experten ist sich einig, dass dieser auf den extrem hohen Kohlenstoffausstoß zurückzuführen ist. Offensichtlich wissen jetzt nicht nur Experten darüber Bescheid, sondern es entsteht ein Problembewusstsein über die klimatischen und vom Menschen verursachten Veränderungen. „Der Klimawechsel scheint sich mit demselben Tempo zu beschleunigen, wie sich das biosphärische Bewusstsein ausbreitet. Es ist noch offen, ob wir die Kurve kriegen, um die extremen Auswirkungen der Erwärmung der Erdoberfläche abzuwehren“ Rifkin – Die empathische 349. Damit wäre der Schlüssel zur Lösung dieses und anderer globalen Umweltprobleme die Entwicklung des Bewusstseins. Rifkin folgert daraus, dass „Die einzig wahre Lösung besteht darin, das menschliche Bewusstsein im Verlauf des kommenden Jahrhunderts so zu verändern, dass die Menschheit lernen kann, wie man gemeinsam auf dem Planet Erde lebt.“ Rifkin – Die empathische 363.

Achtsamkeit wurde bisher im Blickwinkel der globalen Umwelt gesehen. Vielmehr muss diese im Umgang mit Menschen gelten: „Im sozialen Bereich gilt die Goldene Regel grundlegend: was du willst, dass man Dir tut, das tue auch den anderen. Dies sollte die unverrückbare, unabdingbare Norm für alle Lebensbereiche, auch für die Wirtschaft, sein. Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung dürfen nicht losgelöst von der Selbstverantwortung und Weltverantwortung des Menschen werden. Sie sind nicht zu trennen von der Verantwortung für die Mitmenschen und den Planeten Erde.“ Bader – Weltethos 183.

Damit stellt Bader klar, dass Achtsamkeit sowohl gegenüber dem Planeten Erde, als auch gegenüber dem Menschen verantwortungsvoll gelebt werden muss. Die Verantwortung erstreckt sich dabei nicht nur auf das Allgemeingut, sondern auch auf das Eigentum. Es hat kein Mensch das Recht: „… sein Eigentum ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Gesellschaft und der Erde zu gebrauchen. Der Gebrauch des Eigentums soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.“ Bader, Weltethos 183.

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In der westlichen konsumorientierten Kultur ist das Eigentumsdenken sehr ausgeprägt. Gefördert wird das durch den Konsum, je nach sozialer Zugehörigkeit können sich die Menschen nahezu jeden materiellen Wunsch erfüllen. Genau das führt zur bekannten ausufernden Zerstörung der Umwelt. Es ist daher: „Unser Konsumdenken jeden Tag neu in Frage zu stellen ist nicht nur eine gute Idee – es ist eine Notwendigkeit. Es das globale Dilemma Nummer Eins im 21. Jahrhundert, vernünftige Grenzen für den Verbrauch durch den Menschen zu finden: Uns geht Öl, Wasser, fruchtbarer Boden und jede Menge mehr verloren, und zwar schnell.“ Nichtern – Buddhismus 96.

Mit Sicherheit würde eine Reduktion des Konsums oder ein zumindest achtsamer Umgang damit die globalen Ressourcen nachhaltig schonen und für nachfolgende Generationen erhalten. Der Wert von materiellen Gütern wird in der Wohlstandsgesellschaft ausschließlich monetär bewertet. Man kauft sich, was man sich gerade wünscht, und setzt sich nicht mit der Existenz der Dinge auseinander.

Eine Rückkehr zur Tradition wird von Horx als Megatrend bezeichnet: „Back to the Basics. Menschen werden sich wieder mehr mit den Grundlagen ihres Daseins beschäftigen. Mit Ernährung, Natur, Handwerk. Den stofflichen Dingen, den Traditionen unserer Existenz.“ Horx – Das Buch 342.

Achtsamkeit der Umwelt gegenüber ist eines, Achtsamkeit und Mitgefühl in der Beziehung zum Menschen ist etwas anderes. Sollte aber in einer globalen Spiritualität ebenfalls enthalten sein.

Ein Phänomen der Globalisierung ist auch die Verstädterung und die damit einhergehende Isolation. Obwohl wir zunehmend mehr vernetzt sind, vereinsamen Menschen immer mehr. „Der beste Weg zur stabilen Beziehung besteht im unverfälschten Ausleben der eigenen Persönlichkeit und dem Bewusstsein, dass nicht bestimmte Menschen oder Dinge für das eigene Glück notwendig sind, sondern nur Verbundenheit an sich, die sich auf einer Vielzahl von Wegen erreicht hat.“ Starkmuth – Die Entstehung 315.

Es ist offensichtlich die Verbundenheit sowohl zum Menschen als auch zur Umwelt, die einen wesentlichen Beitrag zur globalen Spiritualität liefert. Ähnlich wird das von Ken Wilber im Rahmen des integralen Bewusstseins gesehen. Der unter anderem besagt, dass „Jeder nicht integrale oder umfassende Ansatz … beim Thema Umwelt zum Scheitern verurteilt. Wir müssen hier sowohl die inneren (oder linken) als auch die äußeren (oder rechten) Quadranten berücksichtigen.“ Wilber – Integrale 100.

Also sowohl die Achtsamkeit gegenüber der Umwelt als auch das Mitgefühl des Menschen und allen fühlenden Lebewesen sind die prägenden Merkmale für eine globale Spiritualität.

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