Die Spiritualität in einer digitalen Welt

Bewusstsein 2.0 – Teil 16

Bei ersten Betrachtungen könnten Spiritualität und Digitalisierung nicht unterschiedlicher sein – anscheinend zwei völlig verschiedene Welten. Für weitergehende Überlegungen ist es sinnvoll diese beiden Phänomene, jedes für sich, zu definieren und dann Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten.

Spiritualität:

Ein bewusstes Wesen setzt sich mit seiner Umwelt auseinander und erkennt dabei die Wirkung einer unendlich höheren Macht.
Alles Denken, Verhalten und Interagieren mit Dieser wird als Spiritualität bezeichnet.
Neben der realen Welt entsteht eine Geistige. [Spiritual Cloud]

Meistens sind es Personen die sehr starke spirituelle Erlebnisse, sogenannte Erleuchtungen (Prophezeiungen) hatten, die sie dann an Mitmenschen weitergeben und so zu Religionsgründern wurden. Die Bekanntesten beiden sind Jesus und Mohammed. Joseph Smith, z. B. als Begründer der Mormonen, hatte überwältigende visuelle Impressionen ist aber als Person nicht so bekannt. Religionen haben ihren Ursprung im Spirituellen und werden im Laufe ihrer Entwicklung jedoch zu einem sozialen Phänomen. Dann stehen sozialer Druck, Angst und Macht im Vordergrund. Die Lehre von Jesus Christus, von Liebe und Armut,  erscheint völlig konträr zu unserer heutigen Konsumgesellschaft. Das mag auch eine Ursache dafür sein, dass moderne Menschen kaum mehr spirituelle Erlebnisse haben. Wer sowas noch nie erlebt hat, der kennt das nicht und hat demnach auch kein Bedürfnis danach. Das  Bedürfnis nach Liebe und Sinn im Sein verstärkt sich in unserer digitalisierenden Gesellschaft und könnten so der Anfang für eine neue Spiritualität sein.

Digitalisierung:

Reale analoge Datenströme werden mit elektronischen Scannern abgetastet und in virtuelle, binäre Daten transformiert.
Alle weiterfolgenden Informationsverarbeitungen und der damit verbunden soziotechnischen Entwicklungen wird als Digitalisierung bezeichnet.
Neben der realen Welt entsteht eine Virtuelle. [Digital Cloud]

Das Gemeinsame von Digitalisierung und Spiritualisierung drückt sich im Entstehen von   parallelen Welten aus. Neben der natürlichen realen Welt entsteht eine „Anderswelt“, entweder als Geistige oder als Virtuelle. Der Unterschied besteht in der Verortung der “Anderswelten”. Die geistig-spirituelle Welt ist in einem uns nicht zugängigen Jenseits. Es gibt keine sensorischen Nachweise für dessen Existenz. Wir können uns diese nur vorstellen, also eine Leistung unseres Gehirns. Die digitale Welt hingegen ist (vorerst) lokal auf unserem Planeten angesiedelt. Man braucht sich diese nicht vorstellen, sondern kann sie sinnlich erleben. In einer VR-3D-Brille mit Sensoren und Aktoren kann eine virtuelle Welt erlebt werden, die von der Natürlichen radikal anders ist. Noch viel anders als eine geistige-jenseitige Welt.

Bewusstsein 2.0 - Die Spiritualität in einer digitalen Welt

Der italienische Dichter und Philosoph Dante Alighieri (1265-1321) hat in seinem Werk “Die göttliche Komödie” das christliche Jenseits eigentlich erst erschaffen. Obwohl Paradies, Fegefeuer und Hölle waren theologisch auch vorher schon bekannt. Dante hat an diesem einzigartigen Werk der Weltliteratur über zwanzig Jahre seines Lebens geschrieben und dabei eine unheimlich präzise Vorstellung erzeugt. Das Inferno erhielt dabei neun verschiedene Ebenen in denen die Bestrafung der weltlichen Sünden wie Gier, Wollust, Neid usw. exakt beschrieben werden. Obwohl zur damaligen Zeit nur die wenigsten lesen konnten, war das Gedicht eine Vorlage für viele Maler. In der Domkuppel von Florenz sind die drei Welten bildlich dargestellt. Für die damalige Bevölkerung muss die Visualisierung der Hölle das schlimmste Vorstellbare gewesen sein. Die katholische Kirche hat daraus Angst instrumentalisiert und so ihre soziale Macht enorm ausgeweitet. Dan Brown hat mit seinem Buch  “Das Inferno” die “Göttliche Komödie” in unsere technologische Welt transformiert.

Die abendländischen Buchreligionen haben das Jenseits sehr genau beschrieben und deren Wirkung als Ursache vom diesseitigen Leben abhängig gemacht. Der Buddhismus erkennt das Jenseits als Nirvana von dem nichts sonst bekannt ist als es ein Aufgehen der Seele im Ganzen “Nichts” ist. Der Weg dorthin ist allerdings auch eine Ursache-Wirkungskette im Rahmen der Reinkarnation.

Bei der jetzt anlaufenden Digitalisierung könnten auch die drei Welten des Dante Alighieri entstehen. Ein Paradies in dem die Menschen nichts mehr arbeiten bräuchten, friedlich zusammenleben, alle Wünsche in Erfüllung gingen und wir täglich die großen Werke der K. I. loben würden. Für ein wirklich spirituelles Leben sind Freisein von Ängsten und die mässige Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse unerlässlich. So einen “Weg der Mitte” könnte uns die Digitalisierung ermöglichen und so den Menschen zu einem spirituellen Wesen weiterentwickeln. Wir müssen es dann aber auch tun – bereits heute wäre ein spirituelles Leben vieler Menschen möglich. In einer Wüste, im Krieg und ohne Nahrung geht das nicht.

Wahrscheinlicher ist aber das digitale Fegefeuer (Purgatorium). Die Einlösung der paradiesischen Versprechen der GAFA´s werden immer wieder hinausgeschoben. Menschen müssen ihre Opfer bringen, zumindest ihre persönlichen Daten bereitstellen und deren Produkte verwenden. Der Wettbewerb um die digitale Vorherrschaft hat somit  begonnen. Es ist ein Machtkampf der wie immer zwischen Gut (Gabriel) und Böse (Luzifer) auszutragen ist. Ob Google zu den Guten oder Bösen gehört hängt ausschließlich von der Bewertung durch die eigene kulturelle Prägung ab. Auch die Einstellung zu einem System ist entscheidend, wie die “Apple-Gläubigen” bestätigen. Das Leiden des digitalen Menschen besteht in der Reizüberflutung. Wir wissen kaum mehr was Richtig oder Falsch ist. Es entstehen Wirkungen die anscheinend keine Ursache haben. Das neue Fegefeuer heißt Komplexität.

Digitalisierung könnte auch ein Inferno auslösen wie die vielen apokalyptischen Science Fiction Filme zeigen. In der Matrix Trilogie erschafft der Mensch eine künstliche Intelligenz die außer Kontrolle gerät und den Menschen versklavt. Diese sind dort nur mehr Energielieferanten und leben in Nährstofflösungen. Das wirklich erschreckende ist, dass die Individuen davon nichts wissen. Die Matrix spielt ihnen ein Paradies vor obwohl sie in der Hölle leben.

Wie könnte nun Spiritualität in einer globalisierten digitalen Welt ausschauen?

Der höchste Wert ist der Augenblick des Lebens. Es gibt nichts Wichtigeres als das “DU” jetzt lebst. Nur wenn du da bist, kannst du für andere da sein. Das erfordert ein bewusstes Leben begleitet von Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Achtsamkeit erfordert eine ausgeprägte Sensorik sowohl für das innere als auch für das äußere Umfeld. Noch nie hat der Mensch so viel über seine Heimat – dem Planeten Erde – gewusst wie durch die Digitalisierung. Gott hat mit “Mache dir die Welt untertan” gemeint: “Ich habe dir die Welt gegeben und auch die Verantwortung dafür übertragen.“ Es wird uns keiner helfen.

Folgende digitalen Verhaltensweisen führen in die neue digitale Spiritualität:

  • Globale Urlaubsreisen nur mehr in der VR-3D-Brille – spart Treibstoff
  • Autonome Fahrzeuge – reduziert den Fuhrpark auf ein Achtel
  • Bücher, Zeitungen, Werbungen nur mehr digital online – spart Papier
  • Bio  Sensoren benutzen – führt zu mehr Gesundheitsjahren
  • Digitale Medien für eine eigene Biografie nutzen – meine Meinung zur Welt
  • Beziehungen zu anderen Kulturen – schafft frieden
  • Nicht auf jedes Pop-Up reagieren – führt zu Gelassenheit
  • Der Undo-Button wirkt nicht immer – verantwortungsvolles Voting; Liken
  • In der virtuellen Welt experimentieren – reduziert Risiko und bringt Vertrauen
  • Reale und digitale Welt integrieren – bringt Integral Living (Ken Wilber)

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