New Gods

Komm zu Jesus – Disruption & Economy

In allen kriegerischen Auseinandersetzungen ging und geht es um Macht. Also die Möglichkeit zu haben, den eigen Willen auch ohne dessen Zustimmung bei anderen durchsetzen zu können. Offensichtlich sieht Odin seine Macht schwinden und mobilisiert deshalb seine Götter Freunde für einen Krieg. Wednesday an anderer Stelle: “Wenn sie nicht mehr an dich glauben, dann bist du vergessen”. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse gefolgt von deren technologischer Anwendung bis hin zu Industrie 4.0 haben viele Glaubenssätze abgelöst. Einmal sind nur mehr Fragmente (Czernobog) übrig, ein anderes Mal sind sie zu modernen Medien (Bilquis) konvertiert.

Als Neil Gaiman 2001 das Buch “American Gods” geschrieben hat, war nur für sehr wenige Menschen erkennbar, dass eine techno-kulturelle Revolution bevorsteht. Die digitale Entwicklung wurde zwar von vielen so vorausgesagt, aber dass es wirklich so schnell geht, hat doch überrascht. Tatsächlich ist es die digitale Technik, die alle Ecosysteme massiv stört (Disruption). Grundlagen der Ökonomie scheinen wie aufgehoben zu sein. Die “old economy” funktioniert nicht mehr. Neue Systeme sind im Entstehen – haben sich aber noch nicht manifestiert. Die erste Staffel bringt das auch sehr deutlich zum Vorschein. Über die alten Götter wie Odin, Czernobog, Bilquis, Ibis, Zorya, usw. wissen wir schon sehr gut Bescheid. Die neuen Götter – Technical Boy, Media und Mr. World – sind vergleichsweise nur wenig in Erscheinung getreten. Die Produzenten der ersten Staffel haben dabei ohnehin schon auf die aktuellen Gegebenheiten reagiert. Bilquis bekommt und nimmt vom Technical Boy ein Smartphone zum Smart Dating.  Für die nächste Staffel erwarte ich mir eine massive Umkehr der Gewichtung. Ich möchte nämlich wissen, wie sich die Kultur der neuen Götter als “Loop” daraufhin entwickelt.

Old ECO: Fossile Energie – Rohstoffe – Arbeit

Die Verfügbarkeit an Ressourcen ist der wichtigste Machtfaktor. Sollten diese schwinden, so ist damit auch ein Machtverlust verbunden. Die wichtigsten Ressourcen in der “Old ECO” sind Rohstoffe, Energie und Arbeit. In der Antike waren es Arbeitskräfte, die man zum Bau von Pyramiden brauchte und welche man durch Beutezüge von anderen Völkern raubte. Gar nicht so anders als die afrikanischen Sklaven im 18 Jh. in Amerika. Die Industrialisierung brauchte beides Arbeitskräfte und Rohstoffe. Deren Beschaffung ist im Nachhinein unter Kolonialisierung bekannt. Energie wurde ein Jahrhundert aus fossilen Rohstoffen gewonnen, was letztendlich zu einem CO2 Überschuss in der Atmosphäre führte. Auch Atomkraftwerke haben sich nicht besonders bewährt.

New ECO: Solare Energie – Materie – Information

Immer dann, wenn Ressourcen rückläufig sind, beginnen Machtkämpfe und kriegerische Auseinandersetzung. Was ist aber, wenn die heutigen wichtigsten Quellen nicht mehr benötigt werden? Dann wird doch kaum jemand darum Krieg führen. Das war auch der Grund, warum Mr. World zu Wednesday sagt: “Wir sind nicht im Krieg”. Die New ECO braucht die Ressourcen der Alten nicht mehr. Energie ist nahezu unerschöpflich von der Sonne vorhanden. Der Technical Boy erfindet neue Energieumwandlungs- und Speichergeräte. Arbeit wird von Robotern und Denken von KI erledigt; dazu braucht es nur mehr wenig Menschen / Arbeitsplätze. Was es aber schon und immer braucht, sind Daten und Informationen. Diese sind, ebenso wie Energie, nahezu unerschöpflich zu errechnen und zu speichern. Produkte werden über 3D Drucker aus standardisierter Materie gefertigt. Es gibt nichts, was man den alten Göttern wegnehmen will. Es ist nur die Bedeutungslosigkeit die Odin Sorgen bereitet. Daher in der 8. Episode ein Aufbäumen mit Hilfe von Ostoria. Anstatt des Frühlings bringt sie auf Anweisung Odins Dürre und Tod statt Farbe und Leben. Dass, so ist Wednesday überzeugt, macht die Menschen wieder gläubig.

American Gods 1.8

Technologie und Kultur sind eine immerwährende, wechselseitige Feedback-Loop. Eine Technologie entwickelt sich, weil dafür die kulturellen Voraussetzungen existieren. Die so entstandenen Produktionstechniken wiederum wirken zurück auf die Kultur. Es stehen sich also immer eine neue Technologie und eine alte Kultur gegenüber. Das soziale System ist eben das Langsamste. Möchte man nun die aktuelle Situation aus diesen endlosen Loops herauslösen – eine Momentaufnahme – so erkennt man vier Steps für eine kulturelle Änderung. Wednesday: “Menschen erschaffen Götter, wenn sie sich fragen, warum Dinge passieren und Dinge passieren, weil Götter dafür sorgen”.

 

  1. ECO Disruption: Die Ressourcen des bestehenden Systems werden nicht mehr gebraucht. Es ist auch niemand bereit, dafür einen Krieg zu führen. Die Amerikaner waren zweimal im Irak. Nach Syrien geht keiner mehr. Die Deutschen sind aus der Kernkraft ausgestiegen. Ob eine Industrie 4.0 in China oder in der Schweiz steht, ist dann egal, wenn du keine Arbeitskräfte brauchst. Es braucht kein Gesetz zur Abschaffung des Bargeldes – das verschwindet ohnehin auch so. Mr. World: “Ob wir kämpfen oder nicht, ihr verliert sowieso und sterbt auch so oder so”.
  2. Angst: Die heutige westliche Kultur ist geprägt von Leistung. Wer jung, stark, intelligent ist und mehr als der Andere arbeitet, hat Erfolg (work harder). Dafür kann man sich dann schon einen Luxus wie Eigenheim, Auto, Aktiendepot u.v.m leisten. Besitz ist Status. Der Unternehmenserfolg resultiert aus einer straffen, kontrollierten meist autoritären Führung, die auf einer Hierarchie thront. Genau diese Kultur kommt jetzt mit der New ECO zusammen. Startups generieren scheinbar aus dem Nichts Millionen Umsätze. Sie haben keine besondere Organisationsform, sondern sind vernetzt. Persönlich haben sie kaum Eigentum. Es genügt, wenn sie Access Rights haben. Und diesen Erfolg ohne die alten Ressourcen. Das macht Angst und da muss man was dagegen tun – da hat Wednesday schon Recht?! Technical Boy zu Wednesday: “Sie sind scheiße alt. Die Dinge werden nie wieder so sein, wie sie einmal waren. Die Zeiten verändern sich und sie können den Fortschritt nicht aufhalten”.
  3. Glaube: Im Laufe der Zeit gewöhnen sich Menschen an die neuen Produktionstechniken und beginnen daran zu glauben. So entstehen dann auch neue Verhaltensweisen. Jetzt gerade ist der zehnte Jahrestag, zu dem Steve Jobs das iPhone vorgestellt hat. Das Benutzen von Smartphones hat es ermöglicht, mobil zu arbeiten. Innerhalb von zehn Jahren ist iPhone & CO zur Kultur geworden und niemand hat mehr Angst davor. Wednesday zu den Neuen: “Was ihr bietet, ist Existenzkrisen Vermeidung – ihr bietet ein Produkt, eine innovative Ablenkung, ihr erfindet es immer wieder neu, bietet es immer wieder an”.
  4. Cultural Shift: Je mehr die Angst schwindet und Vertrauen steigt, umso mehr Menschen nehmen neue Verhaltensweisen an. Sie tun es, weil es das Leben erleichtert, bequemer, sicherer, usw. macht. Aber auch, weil es die “Media” ihnen verspricht. Gleiches Verhalten von immer mehr Menschen – über längere Zeit – erzeugt dann Kultur. Es gibt aber immer welche, die der alten Tradition verpflichtet bleiben. Auch welche, die dann mehreren Kulturen angehören – Volkstanzen und Cyberwar spielen. Diesen Shift hat Ostara, die Göttin des Lebens und der Wiedergeburt, geschafft. Media zu ihr: “Du bist eine Göttin die wieder neu ist. Das ist religiöser Darwinismus – anpassen und überleben. Du solltest dich freuen, dass überhaupt noch irgendjemand an irgendetwas glaubt, was keinen Bildschirm hat.”

 

Sagen sie es den Gläubigen und den Ungläubigen: “Wir haben ihnen den Frühling genommen, sie können ihn wieder zurückhaben, wenn sie dafür beten?“ Damit und mit dem nunmehr gläubigen Shadow, gehen wir in die zweite Staffel.

Gesponserte Beiträge