Die digitale Erweiterung von Bewusstsein – der Cyborg

Bewusstsein 2.0 – Teil 5

In einem einfachen Modell für Bewusstsein war bereits zu sehen, dass dieses aus einem erkennenden System, den Input Neuronen, den Output Neuronen und einem Kontext entsteht. Weiters konnte bereits gezeigt werden, dass das menschliche Gehirn durchaus in der Lage ist Bewusstsein zu repräsentieren. In diesem Teil möchte ich nun darauf eingehen wie menschliches Bewusstsein durch Digitalisierung beeinflusst werden kann.

Die Digitalisierung ist ein zwischenzeitlich allgegenwärtiges Phänomen. Es zeigt sich in allen Lebenslagen und bestimmt unseren Lebensrahmen. Es entsteht sowas ähnliches wie ein digitaler Raum. Zumindest werden im Jahr 2019 mehr als die Hälfte aller Menschen ein mobiles Device haben und es werden 50 Milliarden IoT Devices existieren. Diese werden unser Bewusstsein indirekt beeinflussen. Wir erhalten über den sensorischen Input anders geartete Daten, die dann auch völlig neue Informationen generieren. Umgekehrt stehen uns neue Aktoren wie Sprachsteuerung, selbst fahrende Autos, 3D-Drucker usw. zur Verfügung. Die Möglichkeit zusätzliche und völlig neuartige Interaktionen mit unserer Umwelt aufzunehmen führt zu bisher nicht gekannten Erfahrungen und damit zu Bewusstseinserweiterungen.

Über Millionen von Jahren hinweg lebte der Mensch in einem natürlichen Umfeld. Erst in den letzten 100 Jahren entstanden durch die Technisierung massenhafte Artefakte. Wir haben uns daran gewöhnt mit solchen Erweiterungen des Natürlichen umzugehen. Vielfach ist dies ja sehr einfach weil es das Leben angenehmer macht. Menschen brauchen keine Sklavenarbeit mehr zu verrichten, können schwere Arbeiten den Maschinen überlassen und stupide Tätigkeiten automatisieren. All diese Entwicklungen haben im neuronalen Bewusstsein indirekt Spuren hinterlassen. Die Veränderung entstand hauptsächlich durch Einwirkungen des Kontexts. Es hat sich der Raum verändert und damit das Bewusstsein. In Wirklichkeit war es nur der Kontext der sich verändert hat und nicht das erkennende System und auch nicht die Aktoren und Sensoren. Digitalisierung wirkt nun direkt auf diese drei Komponenten. Im Folgenden möchte ich zeigen welche Möglichkeiten sich da auftun und wie diese auf unser Bewusstsein wirken.

Neben dem Kontext sind es das erkennende System, die Sensoren und die Aktoren die für Bewusstseinsentwicklung ausschlaggebend sind. Jede dieser drei Komponenten kann durch digitale Techniken erweitert – Extension und ergänzt – Addition werden.

Bewusstsein 2.0 - Folie 8

Digtale Extension:  Der Mensch als Cyborg”

Die biologischen und natürlichen Sensoren des Menschen sind die visuellen, auditiven, kinästhetischen, olfaktorischen und gustatorischen Sensoren – zusammengefasst und kurz bezeichnet mit VAKOG. Unter digitaler Erweiterung der Sensorik versteht man nun all jene Medien, welche das VAKOG System nützen. Beispielsweise gehören dazu: VR-/AR-Brillen, Fitness-Tracker, Cochlea-Implantate, Bionic-Eyes, Hörgerät-Filter, usw. In all diesen Fällen werden VAKOG Informationen entweder transformiert oder angepasst und so der menschlichen Erfahrung zugänglich gemacht.

Die gleiche Gesetzmäßigkeit gilt auch für die digitale Erweiterung der Aktoren. Vorhandene natürliche Aktoren werden durch digitale Techniken transformiert und angepasst. Die drei hauptsächlichen Aktoren des Menschen sind die Muskelkraft, das körperliche Verhalten und die Sprache. Beispiele für digitale Extension sind Exoskelett, pneumatische Muskeln, künstliche Organe, Sprachassistenten, 3D-Drucker und alles was mit Industrie 4.0 zusammenhängt. Im Falle des Exoskeletts wird menschliche Muskelkraft verstärkt. Bei einigen medizinischen Operationsarten werden Bewegungen verkürzt. Mit all diesen Methoden erweitert sich der Erfahrungshorizont des Menschen. Wir können damit in einer Umwelt agieren, die uns ohne Digitalisierung nicht zugänglich gewesen wäre.

Etwas schwieriger zu verstehen ist die digitale Erweiterung des erkennenden Systems. Konkret lautet die Frage ob das menschliche Gehirn durch digitale Techniken, allerdings unter Beibehaltung natürliche Gegebenheiten, beeinflussbar ist. Das wären dann Erfahrungen die ein Mensch macht ohne, dass dabei die Sensorik und die Aktorik eine Rolle spielen. Zurzeit sind es nur die Gehirnwellen die von außen und ohne weiteren Eingriff zu messen und zu manipulieren sind. Es sind dies, elektromagnetische Wellen die durch synchrone Neurone-Ströme erzeugt werden. Sie bewegen sich im Bereich von etwa 5 bis 100 Hertz und repräsentieren verschiedenste Bewusstseinszustände. Vom Schlaf bis hin zu höchster Konzentration und Aufmerksamkeit. Mit sogenannten Brainwave-Simulatoren können diese Gehirnwellen gezielt beeinflusst werden. Dazu werden binaurale Beats verwendet die über Kopfhörer eingespielt werden. Nach längerem zuhören passt sich die Gehirnfrequenz diesen Vorgaben an und das Bewusstsein verändert sich – es wird manipuliert. Umgekehrt können über hochauflösende Gehirn-Magnetfeld-Messung Gedanken erkannt werden die dann direkt über Aktoren auf die Umwelt wirken. Mit Brainwave-Control lassen sich heute schon verschiedensten Aktivitäten halbwegs zuverlässig ausführen. Der Gedanke an den Lichtschalter im Wohnzimmer genügt um das Licht einzuschalten. Beide Phänomene zusammen gedacht ermöglichen auch eine direkte Brain-to-Brain Kommunikation. Auch dazu liegen bereits erfolgreiche Experimente vor. Ich denke einen Gedanken, dieser wird über Brainwave abgetastet und in digitaler Form über das Netz einem anderen Menschen auf seinen Brainwave-Receiver übertragen.

Eine besondere Rolle bei der Digitalisierung des Bewusstseins werden VR-Brillen haben. Am Beispiel der HTC ViVE, die sowohl Aktoren als auch Sensoren hat, ist dies bereits gut erlebbar. Die virtuelle Realität wird uns Räume zeigen und Aktivitäten ermöglichen die wir so nie erfahren könnten und damit wiederum zu einer enormen Bewusstseins-Erweiterung führen.

Der Mensch als Cyborg ist ein Wesen mit künstlichen “Einbauten” die seine Verhalten, Fähigkeiten, Kognitionen und Bewusstsein in kybernetisch-integraler Weise erweitern.

Digitale Addition: “Der Mensch als transhumanes Wesen”

Dabei werden Sensoren und Aktoren verwendet die im natürlichen Repository (VAKOG) des Menschen nicht vorkommen. Das erkennende System wird um die Gehirnschnittstelle erweitert. Durch digitale Addition kommt es zu einer tatsächlichen und übernatürlichen Bewusstseinserweiterung. Dem natürlichen Menschen ist es nicht möglich außerhalb des VAKOGs einen Gedanken zu generieren. Alles Bewusstsein lässt sich auf Bilder, Töne Gefühle, Gerüche und Geschmäcker zurückführen. So gesehen ist es also unmöglich Ultraschall basierende Gedanken, wie eine Fledermaus sie hat, direkt zu erfahren. Digitale Sensoren ermöglichen also direkte Erfahrungen von Magnetfeldern, Röntgenstrahlen, Ultraschall, usw. Auch physikalische Größen, die wir heute noch nicht kennen, könnten so in unserem Bewusstsein auftauchen.

Bei den Aktoren ist digitale Addition genauso zu verstehen. Alles was außerhalb von Muskelkraft, Sprache und Körperverhalten in der Umwelt wirkt gehört hier dazu. Welche wären z. B. implantierte RFC-Chips, Nanobots, neuronaler Staub, usw. Der Handlungsrahmen des Menschen wird sich damit enorm ausweiten. Das ultimative Interface zur Umwelt wird in Zukunft sehr wahrscheinlich das Gehirn selber mit einer neuronalen Schnittstelle sein. Bekannt ist diese im Kinofilm Avatar durch die neuronale Borste geworden. Eine Meinungsumfrage in Deutschland (Zukunftsmonitor 2015) hat ergeben, dass 51 % der Bevölkerung bereit wären, sich solch ein Implantat in das Gehirn einpflanzen zu lassen. Hier einige Beispiele: elektro-transkranielle Stimulation, brain peacemaker, deep brain stimulation, brain to text oder refreshing memory. Nicht zuletzt sollte an die Möglichkeit gedacht werden die humane DNA als Speicher zu verwenden (100 TB auf 1g DNA). Durch solche Art von Manipulation verliert das Gehirn zusehends den Charakter eines geschlossenen Systems; es wird vielmehr direkt zugänglich. Das was draußen ist, ist auch gleichzeitig das was drinnen ist. Codierte elektrische Signale stellen die Verbindung zwischen Neuronen und digitalen Computern her – beides (opto) elektrisch.

Der Mensch als “transhumanes Wesen” verfügt über nicht natürliche, aber voll integrierte Schnittstellen zur Umwelt, wobei das Gehirn selber als direkte Schnittstelle gilt.

Menschen die solche Art von Technologie in Zukunft benutzen, haben wahrscheinlich einen unmittelbaren Wettbewerbsvorteil und einen langfristigen evolutionären.

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