Digital Trinity

Lemon Scentrin You – Die digitale Trinität

 

Die alten und die neuen Götter treffen das erste Mal aufeinander. Eine kleine Polizeistation am Lande erhält ein Fax. Das war ohnehin schon eine Ausnahme und dazu noch mit einem sehr brisanten Inhalt. Demnach sollten im örtlichen Motel zwei Bankräuber abgestiegen sein, die, sehr ungewöhnlich, auch von der CIA gesucht wurden. Es war ein leichtes Spiel die beiden gefangen zu nehmen. So sitzen nun Wednesday und Shadow wegen Bankraubs in einer Gefängniszelle. Eine Polizistin vermutet hinter Wednesday etwas “ganz Großes” weil eben die CIA auch an ihm interessiert ist.

Genau dieses Große nimmt hier seinen Lauf. Als Erstes schwebt Media herein.
Shadow: ”Das ist nicht real – das ist umprogrammierte Realität”. Kurz darauf schreitet Mr. World durch die Zellentür und entschuldigt sich bei Wednesday: “Ich war voll nachlässig – hätte vor längerer Zeit schon auf Sie zugehen müssen. Ich sah Sie zu wenig – hätte schärfer hinschauen müssen.” Nun stehen sie sich gegenüber, der alte Gott Odin und der Neue Mr. World. Es kommt gleich zu einem ersten Kräftemessen und das in einer Disziplin, in der Odin seine absolute Stärke hat.

Als Gott des Wissens hat Odin zwei Raben Hugin und Munin als Spione und Nachrichtenübermittler. Mr. World, der neue Supergott der Daten und des Wissens, zeigt auch gleich sein Können. Zu Shadow gewandt: “Ich kenne Sie und weiß alles. Sie träumen von einem Knochengarten, haben Blutgruppe B-Positiv, essen Schweizer Käse, hassen es, wenn Gabelspitzen sich berühren und Ihre Mutter hatte 86 Sexualpartner”. Ja, alles was passiert wird gespeichert. Tief beeindruckt von dieser Performance sagt Wednesday: “Sie wollen also einen Waffenstillstand?” Darauf Mr. World: “Das würde ja bedeuten, dass wir im Krieg wären. Nein keinen Waffenstillstand, sondern ein Fusion”. Media: ”Eine Fusion zwischen Kartoffelchips und Champagner”. Feinde werden Partner und gestalten eine neue Welt.

Jeder bekommt sein eigenes ICH und seinen Platz in der Welt – und das so einfach:

  • Ein einziges Produkt
  • Ein Unternehmen
  • Ein globaler Markt
  • Einen Gott

Wednesday: “Und was ist, wenn das einer nicht will?” Dann wird ihm das einfach schmackhaft gemacht und das kann die Media exzellent gut. Individuen mit einem starken Selbst sind dabei störend, wie ein Sandkorn in der Auster. Die Auster überzieht den Störer mit etwas weichem, glänzendem. In Wirklichkeit will sie ihn aber draußen haben.

Die erste Konfrontation endet, indem sich Mr. World an den Technical Boy wendet: “Er (Odin) hat mehr Weisheit, als du jemals erlangen wirst. Wir brauchen ihn, hänge also nie wieder seinen Partner auf einen Baum”: Das abschließende Angebot von den neuen Göttern war eine nordkoreanische Interkontinentalrakete mit 24,9 Mio. Sprengköpfen. Alle mit dem Namen ODIN. Beste Werbung für Wednesday aber er versteht das nicht.

American Gods 1.5

Die neuen Götter stellen eine Trinität dar. Der Technical Boy ist der Silizium gewordene Teil. Also die Hardware, alle Smart Devices, IoT´s, Nano`s usw. Die Media ist der intellektuelle Teil und ist hauptsächlich die Göttin der Kommunikation. Sie ist die Auster, das Paradies, welche alles komfortabel, leicht und glänzend macht. Media beschert uns ein Mixed Reality, die kaum physikalischen Gesetzen zu gehorchen scheint. Der Preis dafür ist nicht hoch – nur ein bisschen von deiner Identität (Daten) hergeben und viel von deiner Zeit mit Medien verbringen. Die alten Götter gaben den Menschen Sinn und die Neuen vertreiben ihnen die Zeit. Viele Menschen verbringen ohnehin schon mehr Zeit mit Facebook als mit fernsehen. Mit Mr. World, dem geistigen Teil, ist dann die Trinität vollständig. Was stellt nun Mr. World dar?

Mr. World könnte die vollständige Digitalisierung der Wirtschaft sein. Ein Produkt, ein Unternehmen in einem globalen Markt. Von Letzterem kann man behaupten, dass dieser bereits existiert. Das Kernstück, das globale Datennetz, macht so ein Marktmodell erst möglich. Die dominanten Unternehmen können auch heute schon an zehn Fingern abzählen. In der Internetbranche sind es ohnehin nur mehr fünf; die GAFAM und weitere Konzentrationen sind zu erwarten. Im Automotiv Segment wird das als Erstes deutlich sichtbar. Nur mehr die Marke hat den Wert, wenn alle Autos ohnehin gleich funktionieren – selber fahren können. Ähnlich wie bei Smartphones, werden auch bei Autos zwei/drei globale Produzenten bleiben. Mr. World bezeichnet sich selber als denjenigen – „…der die Systeme integriert”. Vielleicht so vorstellen, wie die heute schon bekannte Plattform Ökonomie – bestes Beispiel Amazon.

Die Trinität aus Technical Boy, Media und Mr. World ist die digitale Gottheit, die Heilsversprechen gibt und die Opfer verlangt. Der digitale Gott verspricht uns viele gesunde Jahre, den richtigen Partner, Erfolg, usw. und das alles fast kostenlos. Es steht dir einfach alles zur Verfügung – du hast Access Rights. Die Opfer, die verlangt werden, sind deutlich kleiner als die der alten Götter. Man braucht nicht Fasten, stundenlang meditieren oder für wohltätige Zwecke spenden, sondern nur Zeit für die Medien haben, auf PopUps reagieren, alle Daten in der Cloud halten und Produkte beim eigenen Unternehmen kaufen.

Die Produkte werden sehr billig, durch Roboter (Kinder), produziert und werden auch sehr billig verkauft (Marktdruck). Um trotzdem viel Geld damit zu verdienen, braucht es Milliarden Stückzahlen und Käufer – also Gläubige. Wo das Geld hinfließt, wissen wir – zum Unternehmen. Wer allerdings die globale Macht hat, wissen wir nicht so recht. Mit American Gods wird es immer klarer. Macht liegt nicht mehr bei Einzelpersonen oder Unternehmen, sondern in einer Emergenz die wir digitale Trinität nennen könnten.

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