Epilog

Da nun die Staffel sieben beendet, ist können wir eine Reflexion vornehmen und auch die “Lessons Learned” daraus ziehen. In diesem Epilog werde ich eine Transformation des GoT-Zeitgeistes auf unsere aktuelle Situation vornehmen.

Der Zeitgeist ist ein sehr abstrakter Begriff, der im Wesentlichen eine zeitliche Unterscheidung von Möglichkeiten gibt. Was noch vor einigen Jahren als unmöglich galt ist heute denk- und machbar. Ausdrücklich geht es nicht nur um Technologie sondern mindestens so sehr um soziale, kulturelle und politische Erscheinungen. So waren  gleichgeschlechtliche Beziehungen noch vor einigen Jahren völlig tabu und heute können diese Paare heiraten. Dies allerdings nur in liberalen Ländern Europas. In den USA schon weniger und in islamistischen Ländern steht immer noch die Todesstrafe darauf.  Die Möglichkeiten des “Zeitgeistes” sind also zeitlich und kulturell gebunden.

Der Zeitgeist durchläuft eine Kurve die ähnlich ist wie die “Gartners Hype Cycle” Linie. Dort  werden technologische Begriffe auf einer Kurve aufgetragen.  Dieser Verlauf mit flachem Anfang, starker Steigung, gefolgt von einem Zusammenbruch hin zu eine neuen Basis ist schlechthin der Prototyp für alle Entwicklungen auf dieser Welt. Kosmische Phänomene genauso wie wirtschaftliche Vorgänge und persönliche Entwicklungen. Die Produzenten von GoT haben auch dieses Modell herangezogen weil einerseits damit gut Spannung aufgebaut werden konnte und andererseits es der Anthropologie entspricht, lediglich in einem anderen Zeitgeist. Daher ist die Staffel sieben bestens für Reflexionen bezüglich unserer Gesellschaft geeignet, ohne, dass man stundenlange Vorlesungen besuchen muss.

Game of Thrones 7

Bedrohung: Ist ein allgegenwärtiges Phänomen, selbst in friedlichen Regionen wie in Zentraleuropa haben wir immer Angst, dass etwas Unvorhergesehenes und Bedrohliches auf uns zukommt. Eines der wesentlichen menschlichen Bedürfnisse ist Geborgenheit. In der Staffel sieben hat sich das mittelalterliche Leben halbwegs normalisiert. Zwar sieht man die Gesellschaft sehr wenig, das dürfte aber auch bedeuten, dass die Menschen dort ein eher sorgloses Leben führen konnten. Die Machtspiele, die durchaus für einzelnen Personen bedrohlich waren, spielten sich in der oberen sozialen Gesellschaft, also in den Königshäuern, ab. Eine erste Bedrohung der Königslande entstand durch das Eintreffen von Daenerys mit ihren Drachen und ihrer Armee, den Dothraki und den Unbefleckten. Cersei baut sofort Gegenstrategien auf und sucht Verbündete. Das genau tun wir in unserer kapitalistisch wirtschaftlichen Welt auch. Immer dann wenn Konkurrenten auftauchen, versuchen wir Partner/Seilschaften gegen diesen neuen Player zu finden. Da haben wir viele Möglichkeiten. Wir können unsere angesparten Finanzressourcen verwenden um unterpreisig anzubieten, können auch einige Zeit auf Wartung und Instandhaltung verzichten und damit auch längere Durststrecken überstehen. Sehr unangenehm wird es allerdings dann, wenn zu dieser ersten Bedrohung noch weitere dazu kommen. In GoT müssen die beiden Königinnen Cersei und Daenerys zur Kenntnis nehmen, dass der Nachtkönig die wirkliche Bedrohung ist, die sie nur durch eine gemeinsame Aktion und Koalition überstehen können. Der Nachtkönig verfügt über Ressourcen, die in der Welt der sieben Lande nicht vorgesehen sind. Eigentlich hat er ein „Perpetuum mobile“ – für jeden getöteten Feind erhält er einen Soldaten. Darüber hinaus und das wissen auch beide noch nicht, verfügt er über einen Drachen, der blaues Gas speit. Besonders heute sind wir mit Playern am globalen Markt konfrontiert die völlig andere Geschäftsmodelle und Technologien einsetzen und diese Bedrohung wird durch Digitalisierung, Technologisierung zusätzlich verschärft. Es ist durchaus möglich, dass das derzeitige Finanzsystem durch Kryptowährung zusammenbricht. Weiters ist Künstliche Intelligenz nicht aufzuhalten und das autonome Fahren sowieso nicht. Die wirkliche Bedrohung liegt darin, dass sich eine kleine Gruppe der Menschheit ein KI-System zu Nutze macht, mit dem es gelingt die Weltherrschaft an sich zu reißen.

Gut/Böse: Diese beiden Ausprägungen sind wechselweise austauschbar. Was für den einen das Gute ist, ist für den anderen gleichzeitig das Böse und auch das kann sich jederzeit umkehren. Im subjektiven Erleben nennen wir alles das gut, was wir mit angenehmen Erfahrungen verbinden und alles das böse, das mit Schmerzen verbunden ist. Wenn ein Mensch mit einem Lastwagen durch eine Menschenmenge rast und dabei 120 Menschen getötet werden, wird das von der mitteleuropäischen Kultur als terroristisch böser Akt empfunden, während in islamischer Kultur dasselbe Erlebnis toleriert wird und in fundamentalen Kreisen sogar als höchst zu belohnende gute Tat gilt. Damit ist Gut und Böse eine eindeutig kulturelle Angelegenheit. Peter Baelish war sein Leben lang überzeugt nur das Gute zu tun und zu wollen. Leider sind dadurch sehr viele Menschen ums Leben gekommen es hat lange gedauert bis Kleinfinger seiner Machenschaften überführt wurde, von Sansa verurteilt und schließlich von Ariya hingerichtet wurde. Was noch vor wenigen Jahren ganz normal war, wie zum Beispiel das Rauchen in einem Reisebus, ist heute völlig verpönt und wird von manchen Menschen sogar als feindlicher Akt angesehen. Zusammenfassend ist Gut und Böse kulturell und zeitlich abhängig und demzufolge vom Zeitgeist bestimmt.

Zusammenbruch: Zusammenbrüche von großen Systemen wie beispielsweise den antiken Gesellschaften kennen wir aus Geschichtsbüchern. Die meisten von uns haben aber auch schon in unterschiedlicher Ausprägung einen persönlichen Zusammenbruch erlebt. Sehr häufig eine gescheiterte Liebe, eine Todesfall, ein beruflicher Misserfolg, eine nicht bestandene Prüfung usw. So schlimm diese Ereignisse auch immer sind und gewesen sein mögen, das Leben geht auf jeden Fall weiter, auch wenn das im Todesfall sehr sehr schwierig ist. Weniger schwierig ist die ganze Angelegenheit, wenn man es als Zuschauer von außen betrachten kann. Es gibt auch Menschen die darüber erfreut sind und so etwas sogar genießen können. Ist im wirtschaftlichen Leben der Fall und kann man auch in der Entwicklung von Partnerschaften und Beziehungen mitverfolgen. Der Zusammenbruch in GoT wird durch das Abschmelzen der großen Mauer dargestellt. Der Wiedergänger-Drachen Viserion schmilzt die Jahrtausende alte Eismauer im Norden. Genau an diesem Punkt ist der Zusammenbruch zu erkennen. Die sieben Königslande und dessen Führer spüren und wissen aber noch nichts davon. Dies deshalb nicht, weil sie nicht in der Lage sind diese Kleinigkeit zu sehen und ihre Auswirkungen zu erkennen. Firmen, die unmittelbar vor deren Ende/Konkurs stehen ignorieren das auch und kaschieren das vielmehr mit zur Schau gestellter Performance. In diesen Situationen sind Firmen genau das, was sie am allerbesten gekonnt haben, nämlich Produkte vorstellen, Dienstleistungen präsentieren und das auf höchstem Niveau. Man darf sich also von der Performance alleine nicht täuschen lassen, das könnte bereits Ausdruck eines Zusammenbruches sein. Cersei setzt auf die Eiserne Bank um sich Söldner zu bezahlen – das hat sie immer so gemacht.

Achtsamkeit: Bedrohungen sind häufig unsichtbar. Gut und Böse sind nicht unterscheidbar. Und der Zusammenbruch beginnt im Kleinen. Das alles können wir im hektischen Alltagsgeschehen in einer Leistungsgesellschaft und einer komplexen Welt kaum mehr erkennen. Ob der amerikanische Präsident im Guten oder im Bösen handelt und ob Kim Jong Un wirklich eine Bedrohung ist und ob es zu einem Zusammenbruch des Finanzsystems kommt. Obwohl es immer wieder Signale dafür gibt, sind wir nicht in der Lage diese zu erkennen und wenn sie aufpoppen besteht immer noch die Gefahr, dass wir sie falsch interpretieren. Die einzige Möglichkeit für eine Verbesserung der Prognosefähigkeit ist die Achtsamkeit. Diese wird durch Aktionismus reduziert und durch Reflexion erhöht. Die Königsdisziplin: Action in reflection. Wenn wir in der Lage sind bei allen unseren Tätigkeiten uns selber zu beobachten, lernen wir die Folgen unseres eigenen Handelns besser abzuschätzen. Diese Lernerfahrung können wir dann auch generalisieren und sind somit ein klein bisschen mehr in der Lage zu erkennen, was auf der Welt wirklich passiert. Samwell Tarly würde ich mir dafür gerne als Vorbild nehmen.

Gesponserte Beiträge