1.3 DigiTopia – Cloud Computing

CloudComputing

Der Begriff des Cloud Computing ist schon wesentlich älter als die jetzige Digitalisierungsdebatte erscheinen lässt. Den Ausgangspunkt hat die Cloud in der Virtualisierung von Servern genommen. Dabei wurden auf ein und derselben Hardware mehrere Instanzen eines Betriebssystems ausführbar gemacht. Ähnlich wie man mehrere Dokumente auf einer Workstation gleichzeitig bearbeiten kann, laufen jetzt mehrere Betriebssysteme auf einem leistungsfähigen Rechner. Genau mit dieser Eigenschaft war es dann möglich, Server-Hardware zu zentralisieren und das Betriebssystem dezentral einsatzfähig zu bringen. Das hat für die Anwender ein sehr weites Feld geöffnet. Plötzlich war es möglich rechenintensive Anwendungen zu betreiben, ohne zuvor teure Hardware gekauft zu haben. Die Miete von Serverdienstleistungen war geboren. Damit verbunden wiederum der Begriff der IaaS was so viel bedeutet wie Infrastructure-as-a-Service. Es war also nicht mehr von Bedeutung wo der Server lokal aufgestellt war, sondern man braucht lediglich Zugriff. Dieses Nichtwissen von der physischen Lokalität hat letztendlich zum Begriff der Cloud, also “irgendwo im Dunst” geführt. In kurzer Zeit haben sich dann die verschiedensten Cloud-Dienste etabliert. Das SaaS (Software-as-a-Service) ist heute wahrscheinlich der am weitesten verbreitete Dienst. Namhafte Firmen stehen mit ihren Produkten wie Office 365, Amazon Prime, Netflix, Booking.com und so weiter bereit.

Die meisten Anwendungen (APPS), die wir auf unsere Smartphones herunterladen, gehören zur Kategorie der Cloud-Dienste. Dabei wird lediglich ein kleines Programm lokal verarbeitet. Der ganze Rest geschieht dann in der Cloud. Das bedeutet, dass Betriebssysteme vielfach ausgeführt, Programme und Objekte gleichzeitig abgearbeitet, alle Userdaten in einer Datenbank gespeichert werden und der Zugriff über verschiedenste Netzwerke erfolgt. Das zusammen ist Cloud-Computing und funktioniert aus technischer Sicht perfekt. Wie die Cloud nun unser tägliches Leben und die gesellschaftlichen Strukturen verändert, wird im Vergleich zwischen Gehirn und Cloud deutlich.

Cloud

Lokalität: Wir Menschen sind von Natur aus ein dreidimensionales Wesen. Selbst ohne besondere Hilfsmittel können wir uns im Raum gut bewegen. Dabei ist das WO die zentrale Frage. Es ist nicht egal wo unser Eigenheim steht, wir zur Arbeit hinfahren oder unsere Freizeit verbringen. Dazu braucht es Ortsangaben die wir aus einer Landkarte herausholen, mit Namen versehen und nach Postleitzahlen ordnen. Neuere Instrumente wie die GPS-Ortung und Navigationssysteme erleichtern uns das Leben tatsächlich. Nichtsdestotrotz wird immer auf physisch reale Koordinaten verwiesen. Wenn wir verreisen dann möchten wir im Vorhinein wissen, in welchem Hotel wir am Abend nächtigen werden. Für die meisten von uns ist es einfach zu wenig nur zu wissen: „Irgendwo wird schon ein Bett stehen”. Reisen in der Cloud wäre schon eine einschneidende Umstellung. Genauso geht es vielen die nicht mehr wissen, wo ihre Daten gespeichert sind. Obwohl auch diese an einen physikalischen Ort in einem Rechenzentrum mit einer postalischen Adresse gelangen. Genau – dieses Rechenzentrum kann irgendwo auf der Welt stehen und wir wissen es nicht wo. Trotzdem haben wir immer Zugang zu unseren Daten und das stellt die IP-Adresse sicher.

Topologie: Die Gehirne von Säugetieren und insbesondere das der Menschen zeichnet sich durch eine Vielzahl von Neuronen, die untereinander hoch vernetzt sind, aus. Die einzelnen Neuronen stellen die Aktoren dar, welche Informationen aufnehmen, verarbeiten und wieder abgeben. Ähnlich verhält es sich in einer Cloud. Richtigerweise gibt es auf der Welt derzeit noch keine Milliarden von Servern, aber deren Vernetzungsgrad ist schon sehr hoch. In diesem Netzwerk könnte man die Server durchaus mit den Neuronen in einem Gehirn vergleichen. Es wird wahrscheinlich nicht mehr sehr lange dauern, bis die Cloud ähnlich viele Aktoren hat wie unser Gehirn. Alleine von dieser Seite betrachtet ist es sehr wichtig, dass wir das Gehirn noch intensiver erforschen. Das bringt dann die Basis zum Verständnis für eine intelligente Cloud.

IaaS: Diese Abkürzung (Infrastructure-as-a-Service) ist sehr eng mit der Cloud-Technologie verbunden. Ein Eigentümer beschafft sich mehr Rechenleistung und mehr Storage als er selber braucht, virtualisiert diese und stellt sie dem Kunden als Service zur Verfügung. Im privaten Bereich hat heute kaum noch jemand selber Server bei sich zu Hause laufen. Unternehmen sind da teilweise noch zögerlicher. Vor allem ist die Security und der Datenschutz nicht endgültig geklärt. Zwischenzeitlich kann man auch schon Network-as-a-Service kaufen. Letztendlich werden alle IoT Geräte ihren Background in der Cloud finden.

SaaS: Fotos und Filme werden in geeigneten Cloud-Diensten wie iCloud, Dropbox, OneDrive, uvm. gespeichert. Man braucht sich nicht mehr um die Datensicherung zu kümmern, kann von jedem Punkt der Erde aus mit jedem beliebigen Gerät auf die eigenen Daten zugreifen. Die Apps in Verbindung mit den Endgeräten sind die künstliche Erweiterung der menschlichen Fähigkeiten und führen zu völlig neuen Verhaltensweisen. Beispielsweise kann man mit Booking.com sehr wohl auf Reisen gehen mit dem Vertrauen: “Irgendwo wird schon ein Bett stehen”, mit einem Mountainbike einfach ins Gelände fahren und mit dem Navigationsgerät sicher wieder zurückkommen oder schnell einen Film auf dem SmartPhone schneiden. Typisch für SaaS ist es mit Office 365 oder Google Docs (mache ich gerade) seine Arbeit zu erledigen. Womit sich auch die Arbeitsgewohnheiten verändern: “Arbeiten, wo andere Urlaub machen”. Die digitalen Nomaden sind da! Vor allem aber spart Software-as-a-Service Geld und man hat immer die neueste Version.

Zugang: Heißt für den Menschen Zugang zu Ressourcen, zu Wissen und zu Erkenntnis zu bekommen. Dafür braucht es Energie, Lernen und Weisheit. Jahrtausende lang waren diese Felder nur für einen ausgewählten Personenkreis zugänglich. Meistens war der “Access” ein Erbrecht, dass man von seinen Eltern mit der Geburt mitbekommen hat. Kinder von Häuptlingen, Königen und Schamanen wurden wieder genau das, was ihre Väter schon waren. Mit Fleiß und Lernbereitschaft konnte man nicht sehr viel ausrichten, um in diese Kreise aufzusteigen. Völlig anders gestaltet sich jetzt der Zugang zur Computer Cloud. Man spricht auch hier vom “Access”. Dieser ist allerdings nicht mehr vom Geburtsrecht oder vom sozialen Status abhängig. Trotzdem ist der Zugang nicht umsonst. Als Erstes muss man überhaupt einmal wissen, dass es Cloud-Dienste gibt. Zweitens, müssen natürlich die technischen Voraussetzungen wie Geräte und Netzwerke vorhanden sein. Das kostet schon ein bisschen etwas. Die Anbieter ermöglichen uns meist einen sehr günstigen Einstieg – mit allerdings nur eingeschränktem Service. Sollte man die gesamte Leistung haben wollen, dann braucht man schon Geld. Ein einzelnes Service kostet ja nicht sehr viel. Mit EUR 10 ist man da schnell dabei. Wenn man jedoch alle Dienste in einem Haushalt zusammenrechnet, kommen pro Person schnell einmal EUR 100 zusammen. Dann ist der Access schon wieder nicht mehr so frei zugänglich, sondern selbstverständlich von der sozialen Schichtung abhängig. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass diese Dienste alle etwas kosten oder mit Werbung serviert werden, was letztendlich auch wieder was kostet.

Abbildung: Das menschliche Gehirn ist ja aufgrund der Einschränkung durch die Sensorik nicht in der Lage die reale Welt als solche zu erkennen. Im Sinne des Konstruktivismus erzeugt sich das Gehirn eine eigene Wirklichkeit, sowohl eine Kollektive als auch eine Subjektive. Auch die Computer-Cloud ist nur eine Abbildung. Sie verwendet dazu ebenfalls Sensoren wie zum Beispiel Smartphones, Temperaturfühler, Geschwindigkeitsmesser, Menschen usw. In Zukunft werden diese noch durch die gesamte Palette der Internet-of-Things Geräte angereichert und diese werden in milliardenfacher Auflage auftreten. Dadurch entsteht in der Cloud eben auch kein Abbild der Realität, sondern wir sprechen dann von einer virtuellen Realität ähnlich wie die Wirklichkeit im Gehirn – also einer Scheinwelt.

Denken: Das ist die menschliche Eigenschaft schlechthin. Bis noch vor wenigen Jahren hat man jeder Maschine diese Fähigkeit abgesprochen. Die Entwicklungen zur künstlichen Intelligenz haben aber zwischenzeitlich was völlig anderes gezeigt. Maschinen können zumindest synthetische Intelligenz aufweisen. Logische und mathematische Probleme können ohnehin schon seit langem von Computern besser gelöst werden. Die KI ist im Gegensatz zu Menschen besser im Erkennen von Mustern und kann das auch noch viel schneller erlernen. Eine sehr menschliche Eigenschaft ist dessen bessere Rückkopplung zu den eigenen Handlungen. Versuch und Irrtum ist das Gesetz der Evolution. Darüber hat das menschliche Gehirn Fähigkeiten wie Problemlösen, Kreativität, Vorstellungskraft, Planen, Orientieren, uvm. erlernt – was schließlich zusammengefasst die menschliche Kognition ist. Auf welcher Kognition das Cloud-Computing steht und in Zukunft befinden wird, wissen wir noch nicht.

Methodik: Die psychologischen Schulen der Konstruktivisten sind zwar unterschiedlich, aber im Prinzip ziemlich klar. Der Mensch ist nicht in der Lage die Realität so zu erkennen, wie sie ist. Das Gehirn konstruiert aufgrund des sensorischen Inputs eine Abbildung, die dem Menschen ein problemloses Interagieren ermöglicht. Verbessert wird die Abbildung durch ein laufendes Feedback. Die dazu notwendigen Berechnungen werden im neuronalen Netz des Gehirns durchgeführt. Durch die Entwicklung der künstlichen Intelligenz in Verbindung mit dem traditionellen Computing entsteht in der Cloud eine simulierte Realität. Auch dabei wird die Simulation durch Feedback dauernd verbessert.

Bewusstsein: Experten sind sich darin einig, dass die Frage nach dem Bewusstsein nur eine graduelle ist. Der amerikanische Physiker Michio Kaku hat dazu ein dreistufiges Modell aufgestellt. Auf untere Ebene können Lebewesen sich im Raum orientieren, auf der nächsten Stufe dann soziale Systeme ausbilden und der Mensch ist erst in der Lage zu planen und in gewisser Weise die Zukunft voraussagen. Keine dieser Stufen wird dem jetzigen Computer-Cloud-System gerecht, obwohl die Anzahl der Aktoren und dessen Vernetzung durchaus auf eine gewisse niedrige Bewusstseinsstufe hindeuten könnte. Auf ein Ereignis reagieren, das kann die Cloud zwischenzeitlich sehr gut. Wenn wir auf Google nach einem Buch suchen, werden wir in Kürze von Amazon ein Angebot erhalten. Wenn wir allerdings längere Zeit nicht aktiv sind, bekommen wir trotzdem ein Angebot und das ist dann zeitlich getriggert. Den Bewusstseinszustand der jetzigen Cloud können wir daher als EventiveTime bezeichnen. Nach Kaku müsste man diese dann auf der Stufe < 1 einordnen. Damit hätten wir keine Sorgen das die Computer Cloud intelligenter wird als die Menschen. Leider ist das menschliche Gehirn seit Jahrtausenden konstant und die Cloud wächst exponentiell (in Knoten und Kanten). Das menschliche Bewusstsein auf Stufe drei könnten wir mit dem Begriff PrediktivesSelbst umschreiben und das wächst, wenn überhaupt nur sehr langsam.

PrediktivesSelbst versus EventiveTime

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