Bewusstsein Teil 1 – Das Modell

Bewusstsein eine Folge des Umfeldes

Wir erleben immer wieder Situationen, bei denen wir sagen: „So – Jetzt ist es mir so richtig bewusst geworden. Oder in einem größeren Zusammenhang stellen wir fest, dass: „Brasilianer kein Bewusstsein für die globale Erwärmung haben“.  Darüber hinaus sind wir überzeugt, dass: „Österreicher ein sehr starkes Bewusstsein für Gerechtigkeit haben“. Wir verwenden also den Begriff Bewusstsein sehr häufig, obwohl es uns nicht bewusst ist. Die Frage nach dem was Bewusstsein ist wird von der Menschheit schon mindestens dreitausend Jahre gestellt. Ob es nun die abendländischen antiken Philosophen waren oder die chinesische Philosophie mit dem Konfuzianismus und dem Taoismus.

Im Gegensatz zu den wichtigsten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in den letzten hundert Jahren wie etwa der Evolutionstheorie und der Quantenmechanik haben wir zu Bewusstsein keine stabile Theorie. In diesen beiden genannten Feldern wurden abertausende Experimente durchgeführt, welche die angenommenen Hypothesen stets bewiesen haben. Bei Bewusstsein ist das allerdings völlig anders gelagert. Viele zum Teil sich widersprechenden Theorien wurden aufgestellt und keine davon konnte wirklich einen breiten Anschluss finden. Im Folgenden wird jetzt eine Bestandsaufnahme gemacht und mögliche Überlegungen dazu angestellt. Ganz aktuell wird die Frage diskutiert ob künstliche Intelligenz jemals Bewusstsein erreichen kann. Dazu ist es unbedingt erforderlich einmal zu wissen was Bewusstsein ist. Erst dann wird es möglich sein darüber einen Befund abgeben zu können.  Noch wird diskutiert ob andere Säugetiere oder generell Lebewesen ein Bewusstsein haben. Für die weiteren Überlegungen ist es nützlich, wenn wir ein einfaches Modell von Bewusstsein haben. (Siehe Abbildung 1). Dieses sollte so gestaltet sein, dass es dem alltäglichen Verständnis entspricht aber auch die Möglichkeit bietet es zu vertiefen und immer wieder neue Erkenntnisse hinzuzufügen

Abbildung 1

Grundsätzlich gibt es zwei mögliche Ansätze Bewusstsein zu erforschen. Zum einen ist das die intrinsische Methode. Diese kann jeder für sich selbst nutzen, weil wir ja davon ausgehen das auch jeder über Bewusstsein verfügt. Aber auch das kann in Frage gestellt werden. Die zweite Möglichkeit besteht im extrinsischen Ansatz also Bewusstsein von außen zu erkennen. Dazu versucht die Naturwissenschaft mit Gehirn – Scans und Elektroden Stimulationen immer neue Ansätze und Experimente.

In dem hier vorgestellten Modell steht das Erkennende im Zentrum. Ein erkennendes System hat als wesentliche Aufgabe zwei unterschiedliche Ereignisse als solche zu differenzieren. Ein Ereignis „EINS“ unterscheidet sich von einem Ereignis „ZWEI „und genau das muss ein Erkennen des Systems erfassen können. Solche Ereignisse könnten auch Ursachen, die eine Wirkungen auslösen sein. Noch einfacher ein Reiz führt zu einer Reaktion. Das muss allerdings kein tribaler Reiz sein wie etwa, wenn wir Hunger haben zum Kühlschrank gehen, sondern es könnte auch ein Kognitiver sein. So reagieren wir auf verschiedene Wörter sehr empfindlich oder haben schon allein beim Anblick einer Person eine positive oder negativen Einstellung zu ihr.

Für die ersten Überlegungen gehen wir davon aus, dass das erkennende System im menschlichen Gehirn zu verorten ist. Mit seinen hundert Milliarden Neuronen und zig Billionen Vernetzungen ist das durchaus vorstellbar. Insbesondere wäre hier der Neurowissenschaftler Christof Koch zu erwähnen der gemeinsam mit Francis Cracke ein neuronales Korrelat NCC) für Bewusstsein im Gehirn erforscht.

Ein erkennendes System, das in der Lage ist, eine Differenz zwischen zwei Situationen zu erkennen schafft noch kein Bewusstsein. Irgendwoher müssen die Erlebnisse herkommen, die es zu vergleichen gilt. Klarerweise ist das bei Menschen das Sinnessystem. Wir sind mit der Umwelt mit etwa 200 Millionen Sensor-Neuronen verbunden.  Diese Anzahl ist im Vergleich zu den Gehirnzellen verschwindend gering.  Das heißt wir haben nur einen sehr eingeschränkten Zugang zu unserer Umwelt. Es ist wie ein Flaschenhals, bei dem nur ein Minimum von dem was es da draußen gibt in unser Gehirn kommt. Ähnlich und noch dramatische verhält es sich bei den Aktor-Neuronen davon haben wir lediglich 20 Millionen. Die dann unser Muskel System Steuern, mit denen wir wiederum auf unsere Umwelt Einfluss nehmen können.

Immer wieder kommt hier der Begriff der Umwelt vor. Das Umfeld darf also bei der Entwicklung eines Bewusstseins Modells keinesfalls außer Acht gelassen werden. Im Gegenteil wahrscheinlich spielt das Umfeld für die Bewusstseins Entwicklung eine große Rolle. Das Erleben wir täglich. Insbesondere wenn wir in Kontakt mit anderen Kulturen kommen.  Menschen, die in einer anderen Umwelt aufgewachsen sind, haben ein anderes Bewusstsein. Ob ein Mensch in einer Großstadt oder in einem kleinen Dorf in Thailand aufwächst macht da schon einen großen Unterschied. Insbesondere sind hier die verschiedenen religiösen Traditionen anzuführen. Christen haben ein anderes Bewusstsein als Muslime oder Buddhisten.

Zusammenfassend kann festgehalten werden das Bewusstsein aus einem „Erkennenden System“, welches über eine Sensorik an das Umfeld angekoppelt ist und so sich selbst wiederum beeinflusst, zusammensetzt.  Ein Bewusstsein so wie wir es kennen ist ohne Umwelt nicht denkbar.

Neben den vorliegenden wissenschaftlichen Ansätzen gibt es vier große Strömungen von Bewusstseins -Theorien. Diese sind der Dualismus, der Monismus, der Materialismus und der Illusionismus (siehe Abbildung 2). Die ersten beiden Strömungen sind Jahrtausende alt. Hingegen über Materialismus und Illusionismus wird erst in der Neuzeit diskutiert.

Abbildung 2

Eine zentrale Rolle In Bezug auf Schulen und Theorien zu Bewusstsein spielt Renes Descartes. Er ist mit seiner Aussage: „Ich denke also bin ich“ hinlänglich und weit bekannt. Descartes geht also davon aus das Körper und Seele zwei verschiedene Entitäten sind. Obwohl er als einer der ersten Naturwissenschaftler gilt war er zu Lebzeiten noch sehr stark von den christlichen Dogmen geprägt. Er musste also eine Theorie entwickeln die beiden Welten gerecht wurde. Als Lösung für das Zusammenspiel zwischen Körper und Seele nahm er an es sei die Zirbeldrüse. Ein Organ das ausschließlich der Mensch hat. Mit dieser dualistischen Philosophie setzte Rene Descartes die lange Tradition vom Getrennt sein zwischen Körper und Seele fort.

Die drei Buch – Religionen Christentum, Islam und Judaismus bauen alle auf dieser Vorstellung auf. Vor allem ist es die dreier Beziehung Gott Seele und Körper. In der Hochblüte des Christentums hatte der menschliche Körper nur sehr wenig Bedeutung. Hingegen die Seele eine dominante. So brauchte es in der christlichen Tradition einen Erlöser, der die Menschen vom übel der Menschlichkeit befreien konnte. Aus eigener Kraft war das dem Menschen nicht möglich. Ein bisschen anders geartet ist es beim Islam. Auch hier herrscht Dualität vor. Gott spielt allerdings eine andere Rolle. Allah ist demgemäß der barmherzige. Aber er hat auch alles vorherbestimmt. Für einen gläubigen Moslem ist es also völlig egal, wo er sich gerade befindet, wenn Gott entschieden hat, dass sie jetzt stirbt so passiert das dann auch. Der Gläubige selbst hat darauf keinen Einfluss, was wesentliche Veränderungen im Selbstbewusstsein mitbringt.

Der Dualismus ist wahrscheinlich die heute noch die weltweit verbreitetste Form wie Menschen über Körper und Geist denken. Etwa vier Fünftel der Weltbevölkerung hängt diesem Modell an. Auch im säkularen Christentum ist das immer noch so existent. Sollte ein Familienmitglied oder ein Mensch, mit dem wir intensive Beziehungen gepflegt haben, sterben so gehen wir davon aus das seine Seele Ruhe findet und in Frieden weiterlebt.

Nun zu den monistischen Schulen. Bei diesen wird von einer Einheit zwischen Körper und Geist ausgegangen. Dieser Ansatz ist in der westlichen Welt wegen der Denkweise der antiken Philosophen kaum existent. Hingegen bei den asiatischen Religionen und Philosophien schon wesentlich deutlicher. Insbesondere sind es die beiden chinesischen Philosophien, die diesen Gedanken verfolgen. Konfuzius hat in seinen Lehren die Beziehung zwischen den Menschen als Grundlage vorgegeben. Beziehung spielt im Konfuzianismus eine ähnliche Rolle wie die Seele in den westlichen Traditionen. Eine gute Beziehung mit allen Menschen zu haben wäre gleichbedeutend mit einem erfüllten Seelenleben. In der Taoistischen Tradition ist es der menschliche Körper der hier Priorität hat. Taoisten sind auf der lebenslangen Suche nach Optimierung ihres eigenen Organismus. Langlebigkeit zu erreichen ist Ziel für ein erfülltes Leben. So im 21. Jahrhundert. Ein besonderer Teilaspekt des Taoismus ist die Yin-Yan Philosophie. Dieser entsprechend sind zwar Körper und Geist zwei Teile allerdings in einem größeren Ganzen zusammengefasst. Zusätzlich dazu liegt ein Teil des körperlichen in geistigen und umgekehrt.

Mit dem Aufkommen der Naturwissenschaften kam auch gleichzeitig eine neue Schule für Bewusstsein und das ist die Materialistische. Demnach braucht es für Bewusstsein sonst nichts als ein hochgradig vernetztes Gehirn. Körper und Geist sind also eins. Ganz aktuell und getrieben durch die technologische Entwicklung stellt sich die Frage ob auch Maschinen ein Bewusstsein erlangen könnten. Diese Idee wurde von den Science-Fiction Produzenten aufgenommen. Filme wie Ex Machina, Transcendence oder Lucy beschäftigen sich mit diesem Ansatz. Wenn wir wissen wollen, ob Bewusstsein in einer KI oder in Organoiden existiert ist es unerlässlich zu wissen was genau Bewusstsein ist.

Nichts macht denn Übergang zum illusionistischen Weltbild deutlicher als die gerade Aufkommenden VR-Brillen. Diese Geräte haben an sich kein Bewusstsein aber sie erzeugen ein nahezu unendliches Umfeld. Wie wir weiter oben schon gesehen haben ist Umfeld ein wesentlicher Treiber von Bewusstsein. In der digital virtuellen Welt kann alles nur Denkbare dargestellt und dem „Erkennenden System“ zugeführt werden.

Einen besonderen Meilenstein hin zum Illusionismus hat der Film Matrix gesetzt. Darin lebt der Mensch in einem Reagenzglas und wird mit Nährstoffen versorgt. Das Gehirn steht unter dem Einfluss eines Computerprogrammes, welches das gesamte Bewusstsein steuert und schon gar nichts mit der Realität zu tun hat. In einem Dialog wird Neo von Morpheus gefragt, ob er die Wahrheit erkennen möchte. Dazu müsste er die rote Pille nehmen, was er auch getan hat.

Etwas wissenschaftlicher beschäftigt sich Douglas Hofstadter mit dem Thema der Illusion. Auch er hat gute Argumente das die Welt nur eine Illusion ist. Noch dramatischer in seinem Buch „Ich bin eine seltsame Schleife“ wird Bewusstsein auch als Illusion dargestellt.

Schlussendlich wird auch die Quantenmechanik immer wieder als Grundlage von Bewusstsein herangezogen. Demnach liegt das geistige in den quantenmechanischen Zuständen. Getrieben wird dieses Modell von der Annahme das alles mit allem verschränkt ist und dass jedes Teilchen unendlich viele Zustände annehmen kann.  So wenig wie wir einen Roman verstehen, wenn wir die Blätter, die Buchstaben und den Einband eines Buches analysieren so wenig werden wir durch immer Tieferes vordringen in die Materie erkennen was Bewusstsein ist.

So enden wir wieder bei Renes Descartes der damals, geprägt von der christlichen Scholastik und der aufkommenden Naturwissenschaften, seine Annahmen gemacht hat. Heute sind es eben Technologie, Digitalisierung, Gentechnik und künstliche Intelligenz, die unser Umfeld und damit unser Bewusstsein bestimmen.

  • Bewusstsein ist an Materie gebunden
  • Ein Erkennendes System mit Sensorik
  • Das Umfeld erweitert Bewusstsein
  • Die Sinnesysteme schränken es ein
  • Körper und Seele sind eins – Monistisch
  • Die Welt ist keine Illusion

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