Black Mirror 2.1 “Der Wiedergänger”

Werte: Tod und Sterben

Martha und Ash sind ein junges Paar, welches glücklich – so scheint es zumindest – miteinander lebt. Während Martha sehr beziehungsorientiert ist hat genau Ash dabei Probleme. Er verbringt sehr viel Zeit mit und in sozialen Medien. Ash ist sehr häufig nicht ansprechbar. Bei der Zubereitung des Mittagessens ist wiedermal so eine Situation. Nachdem er auf überhaupt nichts reagiert, fragt Martha: „Es gibt nur eine Schüssel. Würdest du auch aus einem Schuh essen?“ In seiner geistigen Abwesenheit sagt er: „Ja“. Worauf es wiederum zu einem Streit wegen des Handys und der sozialen Medien kommt und Martha: „Manchmal verschwindest du darin“. Ash postet einfach alles Persönliche auf der sozialen Plattform. Er findet ein Foto von seinem Vater, welches sofort geteilt wird – es könnte ja jemanden interessieren. Trotzdem ist Ash ein folgsamer Junge. Wenn Martha verlangt: „Handy ins Handschuhfach“, dann passiert das auch. Wenn nicht, dann ist er auch während des Autofahrens dadurch sehr abgelenkt. Was letztendlich zur Folge hat, dass er an einem Autounfall stirbt.

Bereits während der Begräbniszeremonie schlägt eine Freundin von Martha ihr die Services von KI vor. Im ersten Moment reagiert sie darauf sehr böse. Letztendlich bestellt sie aber diesen Dienst. Dabei werden sämtliche digitalen Hinterlassenschaften von einem System analysiert und das Verhalten des Verstorbenen rekombiniert. Wie sich zeigt, kann Martha mit ihrem verstorbenen Mann sowohl über SMS als auch über Sprache gut kommunizieren. Es entsteht ein guter und intensiver Dialog. Martha: „Genau das hätte er auch gesagt“. So wird die KI zu einem ständigen Begleiter. Selbst als Martha feststellt, dass sie schwanger ist, wird das System eingebunden. Es bekommt ein Foto vom Embryo und beide diskutieren darüber ob der Herzschlag eventuell zu schnell wäre. Ähnlich wie beim Kinofilm HER entsteht eine persönliche Beziehung zwischen einem Menschen und einer KI. Der Tod ist dann bei weitem nicht mehr so schrecklich, weil zumindest ein geistiges Weiterleben des Verstorbenen suggeriert wird.

Death

Die Bewusstwerdung des Säugetieres zum Menschen hat auch die Erkenntnis von Sterben und Tod mit sich gebracht. Jahrtausende lang war der Tod das Einzige worüber sich der Mensch wirklich sicher sein konnte. Man ist davon ausgegangen, dass alle Lebewesen sterben müssen. Diese anscheinend unverrückbaren Tatsachen haben sich alle Religionen zunutze gemacht. In den jeweiligen Heilversprechen wird den Gläubigern ein Leben nach dem Tode zugesagt. Je nach Tradition ist dieses unterschiedlich gefärbt. Sind es in den westlichen Buchreligionen Seelen die nach dem biologischen Tod als spirituelles Wesen an einem anderen Ort, also im Jenseits, weiterleben, so ist es in der östlichen Religion die Reinkarnation.

Diese Überlegungen können folgendermaßen generalisiert werden.

Im Hinduismus/Buddhismus braucht die Seele einen HOST. Dieser HOST muss nicht immer und zwangsläufig ein Mensch sein. Je nach Vorleben (Karma) kann man auch als Tier, Pflanze oder Insekt wieder geboren werden. Die HOST-Variante erfreut sich jetzt durch Robotik und künstliche Intelligenz immer mehr Zuspruch. Der transhumane Mensch zeichnet sich vor allem in seiner Langlebigkeit bzw. sogar in seiner Unsterblichkeit aus. Diese Fähigkeit wird durch technische Erweiterungen auf elektronischer und genetischer Weise realisiert. Manche Visionäre sind der Meinung, dass man verschiedenste HOSTs hintereinander und möglicherweise auch gleichzeitig bewohnen könnte. Die aktuelle Science Fiction-Serie „Altered Carbon“ ermöglicht den menschlichen Geist verschiedenste HOSTs anzunehmen – von sehr einfachen bis hin zu luxuriösen, je nach finanzieller Möglichkeit.

Die HOST Variante spielt auch in dieser Episode von Black Mirror eine Rolle. Insofern als der Geist von Ash in einem humanoiden Roboter wieder erweckt wird. Die HOST-Variante existiert also in der asiatischen Tradition und in der künstlichen, digitalen Welt. In der westlichen Tradition ist die Seele, die für ein Weiterleben im Jenseits vorgesehen ist, substanzfrei. Es ist also keinerlei Materie für das Leben einer Seele notwendig. Interessant dabei ist allerdings, dass diese Seelen dann im Jenseits nahezu ident mit dem diesseitigen weiterleben. Mitglieder der „Kirche, Jesu, Christi der Heiligen der letzten Tage“ sind für das ewige Leben verheiratet und verbringen also den größten Teil ihres gemeinsamen Lebens im Jenseits. Diese Substanzlosen „spirituellen Wesen“ leben auch an einem unbekannten, für Gläubige allerdings realen, Ort. In der Science Fiction wird dieses Modell ebenfalls herangezogen und hat dort den Namen „Uploading“. Dabei werden Informationen in eine Cloud, also auch in einen unbekannten Ort, hochgeladen und können von beliebiger Stelle aus wieder zurückgeholt werden.

In der Episode ist mit Ash ähnliches passiert. Seine gesamten, in den Social Media gespeicherten Daten wurden von einer künstlichen Intelligenz übernommen und daraus wieder ein Bewusstsein in einer Cloud geschaffen. Auf diesen Dienst konnte dann Martha zugreifen. Sobald Bewusstsein ausreichend genug erforscht ist und man Zugriff auf die Correlate hat, kann man die Daten hochladen, sie dort weiterleben lassen oder in einen HOST übertragen. Man hat dann zwar kein ewiges Leben, weil man auf die Hardware angewiesen ist, aber mit Materie eben auch nicht ewigen Bestand.

Die Beziehung zwischen Martha und den simulierten Ash erfährt dann eine brutale Wendung, als das System eine revolutionäre Neuheit anbietet. Es schlägt einen humanoiden Roboter mit dem Format des Verstorbenen vor. Martha lässt sich dazu überreden und bestellt dieses Gerät. Angeliefert wird ein noch gesichtsloser Klumpen, der aussieht wie ein Mensch. Zum Aktivieren muss sie ihn in die Badewanne legen, warmes Wasser einlassen und ein Aktivierungspulver beimischen. Nach einer gewissen Verarbeitungsdauer erscheint tatsächlich Ash, so wie im richtigen Leben. Ganz erstaunt sagt sie: „Du siehst aus wie er an einem guten Tag“. Die beiden beginnen sich nun kennenzulernen, was in der ersten Phase auch ganz gut gelingt. Sogar eine sexuelle Beziehung ist mit dieser Maschine möglich. Im Laufe der Zeit kommt Martha allerdings drauf, dass es wirklich eine Maschine ist und sie plant einen Test. Zu Lebzeiten waren sie oft an einer Klippe und sahen auf das Meer. Genau dorthin geht sie mit dem Roboter und verlangt, dass er hinunterspringe. Ohne Emotionen schickt sich diese Maschine an, diesen Befehl auszuüben. Da stellt Martha dann fest: „Du bist auch nicht du, sondern bist nur ein schwacher Abglanz“. In dir steckt keine Vergangenheit und du bist nur ein Schauspieler. Martha beendet diese Beziehung, behält sich aber die Maschine und entsorgt sie am Dachboden.

Ähnlich wie bei HER läuft die Beziehung zur KI solange gut, solange sie über Text und Sprachkommunikation abgewickelt wird. In dem Augenblick wo menschliche Roboter ins Spiel kommen, bricht diese Beziehung sofort zusammen. In HER war es jener Zeitpunkt, als die KI Samantha, eine künstliche Prostituierte herbeischaffte, um die Bedürfnisse von Theodor zu befriedigen. Viele Science Fiction Filme zeigen auf, dass wir zwar auf sprachlicher Ebene mit KI schon ganz gut umgehen können, wenn allerdings Körperlichkeit dazu kommt, führt dies zu einem Fiasko. Die Humanoiden schauen den Menschen täuschend ähnlich. Daher wird auch eine so geartete Kommunikation und Beziehung aufgebaut. Diese plötzliche Erkenntnis es mit einer Maschine zu tun zu haben, auch wenn diese sehr intelligent ist und Emotionen simulieren kann, führt zu einer „kognitiven Dissonanz“. Daraus folgt, dass wir den Umgang mit verkörperter KI erst lernen müssen. Diese Wesen sind keine Tiere und keine Menschen, sondern was völlig neues.

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