Black Mirror 1.2 „Spiel des Lebens“

Black Mirror

Werte: Verblöden wir durch Digitalisierung?

In der Black Mirror Episode 1.2 “Spiel des Lebens” erleben wir eine durch Digitalisierung generierte dystopische Welt. Offensichtlich ist es nicht unser Planet, aber er es könnte sein. Die dort lebenden Menschen sind alle gleich angezogen und gehen alle einer einheitlichen Tätigkeit nach. Sie fahren tagelang am Hometrainer und schauen frontal in einen Großbildschirm. Dort sehen sie entweder Werbung, Reality Formate oder Pornofilme. Für diesen Konsum müssen sie bezahlen. Jedes Service ist mit einem bestimmten Punktewert ausgepreist. Die Menschen verdienen sich dieses Punkte-Geld am Hometrainer. Je länger und schneller sie treten, umso mehr verdienen sie dabei und umso mehr können sie konsumieren. Im Privatbereich sind sie in einem ”Cube” zu sehen. Es handelt sich dabei um eine 3 x 3 Meter große Koje mit einem Bett und sechs innenliegenden Bildschirmen. Darüber werden sie permanent mit Werbung berieseln. Sollten Sie mal eine Werbung nicht haben wollen, kann man die gegen Bezahlung von Punkten überspringen. Manche Werbungen sind allerdings Pflicht.

Wir erleben eine ”permanent Übererregte” und gleichzeitig “sedierte (ruhig gestellte)” Gesellschaft. Für die Bewohner gibt es keinerlei Gefahren, sofern sie sich die Werbungen anschauen und zuverlässig am Hometrainer radeln. Sollten sie nicht leistungsfähig genug sein um Punkte zu erwirtschaften, werden Ihnen niedrigere Aufgaben, wie Reinigungsdienste, zugewiesen. Die Menschen verrichten sinnlose Tätigkeiten und schauen sich sinnlose Videos an. Das Leben dort ist wirklich stupid. Es gibt keine Ruhe, es ist immer Lärm – zumindest ist ein Rauschen vorhanden. Weil es auch keine wirklichen Gefahren gibt, könnte der Film seinen Titel bekommen haben.

Neben den Menschen gibt es auf diesem Planeten auch noch die Avatare. Diese Wesen sind nahezu für die gesamte Kommunikation zuständig. Eine direkte zwischenmenschliche Kommunikation gibt es nicht. Jeder Mensch tritt in Form eines Avatars auf und entwickelt darüber eine Scheinidentität.

Kurz gesagt handelt es sich um eine leistungsorientierte Gesellschaft mit dem Ziel möglichst viele “Digitales” zu konsumieren. So was wie Fenster, Natur oder hinausgehen ist nicht vorgesehen. Obwohl zur Selbstverwirklichung gibt es die Reality Show “HotShot”. Wer genug Punkte erradelt hat, kann sich dort anmelden, kann seine Performance abliefern und wird dann ähnlich wie bei DSDS (Deutschland sucht den Superstar) von einer Jury bewertet. Diejenigen die eine gute Bewertung erhalten, dürfen dann in Werbespots oder Porno Filmen mitwirken.

Wie wir uns vor so einem Schicksal absichern können, zeigen die folgenden Überlegungen. Eine digitale Welt zwischen smart und stupid.

Stupidity

Ob eine Gesellschaft/eine Person smart oder stupid ist, hängt von vier Faktoren und dessen Ausprägungen ab. Entscheidend dafür sind:

  1. Ausstiegsmöglichkeit
  2. Möglichkeitsraum
  3. Kognition
  4. Umfeld

Mit der Ausstiegsmöglichkeit wird im Wesentlichen die Möglichkeit beschrieben das „Hamsterrad“ zu verlassen. Diese Problematik wird in der Episode durch das erradeln von Punkten dargestellt. Die Menschen können den Hometrainer nicht verlassen, weil sie dann keine Punkte mehr für das Überleben haben. So eine Situation gab es in Zeiten des industriellen Klassenkampfes bereits. Dabei wurden Arbeitskräfte am Fließband ähnlich ausgebeutet. Entweder am Fließband monoton weiter zu arbeiten oder zu verarmen. Das Aussteigersyndrom findet man zwar selten, aber immer wieder.

Menschen, die an sich in guter Situation sehr wohlhabend leben, schmeißen alles hin und beginnen anderswo völlig was Neues. Passiert immer wieder in und nach Burnout-Situation. Das ist dann nicht smart, sondern nur notgedrungen. Als smart würde man jenen Fall bezeichnen, den ein Mensch ohne besonderen Zwang, seine Lebensumstände, verändern kann. Dabei tun sich diejenigen leichter, die in ihrer Kindheit eine multikulturelle Umgebung erfahren haben.

Der Möglichkeitsraum ist eine Menge von Alternativen, aus denen ein Mensch schöpfen kann. Die Elemente dieser Menge sind meistens sehr gleichförmig. So wie die Bewohner auf den stupiden Planeten haben sie zwar eine hohe Anzahl an Videospots. Allerdings kommen diese nur aus einer einzigen Menge, nämlich aus der Menge der digitalen Unterhaltungsservices. Für Außenstehende schaut das vorerst einmal nach Sinnentleerung aus. Selbst in unserer Kultur finden wir Zeitgenossen, die nur dieser Beschäftigung nachgehen – Computer spielen, Pornos anschauen und Fast Food essen. Gar so futuristisch ist demzufolge diese Episode nicht, weil wir sie schon ansatzweise in unseren Gesellschaften erkennen. Sofern ein Mensch aus mehreren verschiedenen Mengen Alternativen schöpfen kann, ist das schon smart. Wenn man also die Services der digitalen Welt genauso nutzen kann, wie man sich in der freien Natur bewegen kann, eine Beziehung auch ohne Smartphone führen kann und nicht auf Facebook angewiesen ist. Das Reizvolle an der digitalen Welt ist deren Vielfältigkeit. Es gibt für alles und jedes ein Device und eine App. Durch IoT wird sich das noch einmal vervielfachen. Ja – es besteht die Gefahr, dass wir dadurch in eine stupide Welt gelangen. Somit müssen wir alles daransetzen ein möglichst abwechslungsreiches Leben zu führen, die eigenen Werte zu deklarieren und Andersartigkeit zulassen.

Kognition beschreibt die geistige Leistungsfähigkeit eines Wesens (Menschen). Damit ist auch klar, dass dies ein wesentlicher Faktor für smart oder stupid ist. Im Folgenden eine tabellarische Gegenüberstellung von einzelnen kognitiven Leistungsmerkmalen.

Smart                                    Stupid

Information – Change           Daten – Bedeutungslos

Differenzieren                        Rauschen

Multisensor erleben               Singlesensor erleben

Prediction                               Procastionation

Erinnern                                 Vergessen

Lernen                                   Reaktion

Bisher war es das im menschlichen Körper eingebettete Gehirn, welches sich für die Kognition verantwortlich zeichnete. Bereits in naher Zukunft dürfen wir eine Extension durch digitale Intelligenz erwarten. Das Beispiel von persönlichen digitalen Assistenten zeigt, wie nahe die Grenze zwischen smart und stupid beieinander liegt. Ein Assistent könnte uns alles Denken abnehmen und das Gehirn verliert seine Leistungsfähigkeit. Dann wären wir nur mehr in der Lage stupiden Beschäftigungen nachzugehen. Andererseits könnten wir so einen Assistenten für höchst anspruchsvolle Diskurse und geistigen Auseinandersetzungen heranziehen und unser Gehirn auf Höchstniveau trainieren.

Es ist unbestritten, dass das Umfeld, in welches wir hineingeboren werden, einen großen Einfluss auf unsere persönliche Entwicklung hat. Leben wir in einer sinnreichen Umgebung, wird sich unser Gehirn auch stärker vernetzen und damit den Möglichkeitsraum erweitern. Bereits zwei Generationen an Eltern kaufen für ihre Kinder die Lego-Bausteine und sorgen so für ein abwechslungsreiches Umfeld und für einen großen Möglichkeitsraum. Ein Freiheitsentzug/Gefängnis ist ein Umfeld mit sehr geringen Möglichkeiten und damit ist ein stupides Leben verbunden, also die Strafe. Jetzt gibt es aber Menschen, die freiwillig in ihren vier Räumen eingesperrt bleiben und sich damit ihres Umfeldes selber berauben. Immer dann, wenn Grenzen erkennbar sind, ist es ein Signal für stupid. Immer dann, wenn Horizonte erkennbar sind, ist es ein Indiz für smart.

Zurück zur Episode.

Ja natürlich – eine Toilette braucht es schon. Genau dort lernen sich die beiden Protagonisten Herr Bing und Frau Abi kennen. Bing hört zuerst die junge Frau singen und erst danach sieht er sie. Er ist von ihrer Schönheit und von ihrem Gesang dermaßen angetan, dass zwischen diesen beiden eine kleine Romanze entsteht. Weil sie zu wenig Punkte hat, um sich bei ”HotShot” anzumelden, schenkt ihr Bing 15.000 Points. Sie wird von der Jury sehr gut bewertet, weniger wegen der Stimme aber mehr wegen ihre weibliche Körperlichkeit. Ihr werden demzufolge Dienste im Porno Department angeboten, welche sie letztendlich auch annimmt. Bing ist davon so enttäuscht und beschließt gegen diese sinnlose Welt einen Kampf zu beginnen. Mit nahezu übermenschliche Anstrengung erarbeitet er sich noch einmal 15.000 Points, meldet sich bei ”HotShot” an. Obwohl er massiv gegen das System auftritt, wird er von der Jury positiv bewertet und bekommt selbst einen Werbekanal als Dissident. Somit ist er auch wieder ruhiggestellt und führt weiterhin sein stupides Leben. Ein Ausstieg ist offensichtlich nicht möglich.

Selbst wenn wir aussteigen, können wir nicht aussteigen.

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