Gott ist übersiedelt – Vom Stall in eine Hütte

Sofern Gott den Wunsch hat mit den Menschen in Kontakt zu treten, hat er viele Möglichkeiten dazu. Er könnte unerklärliche Phänomene auftreten lassen, welche die Menschen dann ihm überantworten (Naturreligionen). Auch wäre eine Nachricht / Information möglich die wir decodieren und verstehen könnten (Islam). Am einfachsten wäre es, wenn er direkt mit uns sprechen würde, z.B: über einen brennenden Dornbusch (Judentum). Der hinduistische Gott sagt den Menschen: “Der Atman ist Brahman” mit der Deutung, dass jede Seele Individuum und Gott gleichzeitig ist. Über das Nirvana des Buddhismus kann man kaum etwas sagen, weil es ein explizites “Nichts” ist. Der christliche Gott als Nachfolger von JAHWE hat entschieden, sich selbst als Mensch zu zeigen. Damit hat er wohl das weiteste und verständlichste Spektrum sich mitzuteilen.

Die drei absoluten Ereignisse im Menschsein sind die Zeugung, die Geburt und der Tod. Alles was dazwischen liegt ist Leben. Auch ein Gott, der beschließt wirklich Mensch zu sein, muss diese drei Stadien durchleben. Die Geburt von Jesus in einem Stall in Betlehem war in “jener Zeit” nichts Außergewöhnliches. Die dort lebenden Bewohner, Wüstennomaden, haben ihre Kinder oft an Plätzen zur Welt gebracht, die eben nicht Haus und Heim bedeuten. Wenn man unterwegs und gleichzeitig hochschwanger war, konnte so was schon passieren. Maria und Josef konnte allerdings kein Quartier für diese “Hochheilige Nacht” bekommen. Ja es stimmt – Gott wurde nicht mit allen Ehren auf der Welt empfangen. Es ging ihm wie dem Durchschnitt aller Menschenkinder die auf diesem Planeten geboren werden. So gesehen ist Jesus einmal als richtiger Mensch angekommen. Was ihm zu diesem Zeitpunkt jedoch schon fehlt, ist die natürliche Zeugung, die auch das Menschseins ausmacht. Die ekstatische Liebe zweier junger Menschen wird in den Evangelien eher als eine Zweckbeziehung dargestellt. Keine Sehnsucht, kein Höhepunkt und keine Erfüllung sind zu spüren. Wollte Gott diese Seite der Menschen vielleicht nicht kennenlernen? Die andere Seite, das Leiden und Sterben, hat er mehr und intensiver erlebt als die meisten Menschen. Dazu sind sich die beiden Gottgesandten Jesus und Buddha einig: “Alles Leben ist Leiden”. Die Menschheit hatte bisher kaum Gottesbilder, die Glück, Freiheit und Ekstase ins Zentrum des Lebens stellen. Was ist nun die Botschaft die Gott uns durch sein Menschsein in Jesus übermittelt. Die Zusammenfassung findet sich in der Bergpredigt:

  1. Gottgefällig (seelig) sind die Leidtragenden, die Sanftmütigen, die Barmherzigen, die Hungernden, die Friedfertigen, die Armen und die Gerechten.
  2. Licht der Welt: “So lasset euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.
  3. Gerechtigkeit: “ Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen”.
  4. Töten: Seinen “Bruder” zu zürnen, ihn einen Nichtsnutz oder Narren zu nennen ist genauso wie ihn zu töten. “Du wirst nicht von dort herauskommen bis du auch den letzten Pfennig bezahlt hast”.
  5. Ehebruch: “Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen”.
  6. Schwören: Ihr sollt überhaupt nicht schwören, weder bei Himmel und Erde noch bei Jerusalem. Eure Rede aber sei: “ Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel”.
  7. Vergeltung: Nicht Auge um Auge, sondern: “Wenn dich jemand auf deine linke Backe schlägt, dem biete auch die andere dar”.
  8. Feindesliebe: “Liebet eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen….”.

Mit all diesen Botschaften spricht Jesus soziale Themen an. So was konnten die Menschen verstehen, auch wenn diese im damaligen Kontext schon sehr paradox waren, weil sie sich völlig gegen die etablierte Lehrmeinung richteten. Im heutigen naturwissenschaftlich geprägten Zeitalter sind sie noch weniger zu verstehen. Die wirklichen spirituellen Themen wie: Woher kommen wir? Was ist der Sinn des Seins? Wohin gehen wir?, werden nicht angesprochen. So hat sich das Christentum, wie alle anderen Religionen auch, sozialer Themen als Machtinstrumente bedient.

Eine theologische Meisterleistung ist dem Konzil zu Nicäa (325) gelungen. Dort wurde das christliche Glaubensbekenntnis fixiert. Jesus ist demnach: “ungeteilt und unvermengt Gott und Mensch”. Gott selbst ist eine Trinität von Vater, Sohn und Geist. Diese Festlegungen sind ebenfalls sehr paradox und für Menschen kaum verständlich. Obwohl, dass jemand Mensch und Gott gleichzeitig sein konnte, aus der Antike bekannt war. Die Dreifaltigkeit jedoch macht den christlichen Gott vergleichsweise schwierig zu verstehen; ist nicht einfach. Diesem Thema hat sich William P. Young in seinem Roman “Die Hütte – Ein Wochenende mit Gott” aus dem Jahre 2007 gewidmet.

Die Handlung spielt in den USA, in einer sehr puritanischen Gesellschaft. Das soziale Zusammenleben wird hauptsächlich durch die kirchliche Gemeinschaft bestimmt. Familiäre Probleme bis hin zu häuslicher Gewalt werden unter der Oberfläche gehalten. In der Familie Mackenzie hat Gott einen besonders hohen Stellenwert. Er hat den liebevollen Namen “Papa” erhalten. Offensichtlich ist alles in Ordnung. Ein Camping Wochenende jedoch verändert alles. Die kleinste Tochter Missy wird während eines unaufmerksamen Augenblicks entführt und ermordet. Vater Mack gibt sich selber dafür genauso die Schuld, wie er “Papa” vorwirft, das Unglück nicht verhindert zu haben. Er wendet sich zusehends mehr von Gott ab. Eines Tages findet er eine schriftliche Einladung in seinem Postkasten. “Papa” lädt ihn für ein Wochenende genau in jene Hütte ein, in der seine Tochter ermordet aufgefunden wurde. Nach einigem Hin und Her fährt er dorthin und erlebt “Papa” als Trinität. Sein evangelikales Gottesbild (Bergpredigt) beginnt sich zu verändern.

Was sich seit der Bergpredigt verändert hat, zeigen die folgen Dialoge und Zitate:

Die Hütte selber ist ein Blockhaus am Rande eines Bergsees, mit Werkstätte für Jesus, Küche für “Papa” die eigentlich eine Mama ist und einen Garten für Sarayu dem heiligen Geist. Die Trinität lebt hier in Harmonie und hat auch Spaß dabei. Sarayu und Papa tanzen zu poppiger Musik und Papa liegt auch einmal im Liegestuhl in der Sonne. Jesus hat Spaß beim Fischen:

Gott ist auch lustig, erlaubt Spaß und lebt in Beziehung

Mack fragt Papa: “ Warum hast du das erlaubt? Du hast grenzenlose Macht und hast meine Tochter sterben lassen! Als sie dich am meisten brauchte, hast du sie alleine gelassen! Mein Gott warum hast du mich verlassen!

Gott greift nicht in das Geschehen ein. Ganz egal was du durchstehen musst, du bist nicht allein. Ich werde immer bei dir sein.

Mack wirft Gott vor, dass er die Schuld an allem Leid dieser Welt trägt. Papa: “Du wünscht dir ein Leben ohne Schmerzen?” Mack wird gefragt, ob er Gutes und Böses unterscheiden kann: “Ja, alles was mir weiterhilft ist gut und was mir schadet ist böse”. Dazu zeigt ihm Sarayu im Garten eine hochgiftige Pflanze (Böse). In Kombination mit einer anderen wird daraus ein hochwirksames Heilmittel (Gute). Solange wir nicht alle Zusammenhänge kennen, und das tun wir nie, dürfen wir nicht über andere urteilen.

Gott ist und will nicht unser Richter sein. Gut und Böse sind nicht entscheidbar.

Jetzt kennt sich Mackenzi überhaupt nicht mehr aus. Papa: “Ich bin mitten in dem, was du als Durcheinander bezeichnest. Du suchst Erklärungen für die Welt mit einem sehr lückenhaften Bild davon. Du betrachtest alles durch das Schlüsselloch deines Schmerzes. Du kannst mich daher nicht verstehen. Trotzdem wirke ich in deinem Leben nur zu deinem Besten”.

Gott überschreitet alles Denkbare. Alle Schriften sind menschliche Erfindungen aus einem (schmerzhaften) Kontext heraus.

Es gibt also keine einfachen Antworten. Letztendlich gibt ihm Papa nur eines auf den Weg mit: “Das Leben braucht Zeit und viele Beziehungen und das hinterlässt Spuren. Das alles zusammen ist Liebe”.

Der Mensch steht im Zentrum der Liebe und aller Absichten Gottes

Gott ist nach 2000 Jahren in der Hütte angekommen. Dort ist es schon wesentlich komfortabler als in einem Stall. Bei mir daheim wäre es noch ansprechender. Sollten nicht wir ein Reich aufbauen, in das Gott gerne kommen möchte? Mit Freude, Spaß, Harmonie, ohne Vorurteile und ohne Vor(Schriften). Drehen wir die Beziehung einfach um.

 

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