Black Mirror 4.6. Black Museum

Black Museum

Werte: Reflexion

Die Episode 4.6. unterscheidet sich enorm von allen vorhergegangenen Ausstrahlungen. In Black Museum stellen die Produzenten eine Reflexion über sich selber an, also eine selbstreferenzielle Darstellung. Die Präsentation erfolgt in einem Museum der Zukunft. Insbesondere werden futuristische, technische Requisiten gezeigt. Dabei wird auf deren nicht gezeigten Eigenschaften und Zusammenhänge hingewiesen. So war der Museumsdirektor Rolo Haynes genau der Entwickler, der alle neuronalen-digitalen Devices, wie zum Beispiel den Recaller aus Episode 4.3, gebaut hat. Nachdem alle Episoden ein dystopisch negatives Ende fanden, wurde der digitale Neurologe wegen Unfähigkeit gekündigt. Er hat nunmehr eine Anstellung im Museum. In Verbindung mit seinem Vorwissen kann er sehr viel über die Ausstellungsstücke erzählen.

Die Produzenten begeben sich in eine Schleife und reflektieren über ihre eigene Arbeit. Diese Reflexion wird zudem noch in eine Story eingebaut. Eines Tages taucht Mrs. Nish im Museum auf und bekommt von Rolo eine spezielle Führung. Die Besucherin kommt nicht, wie sie sagt, zufällig vorbei, sondern völlig absichtlich. In irgendeiner früheren Episode kam ihr Vater aufgrund von Fehlentwicklungen, verursacht durch Rolo, zu schweren mentalen Schäden. Jetzt will sie sich rächen. Wie vieles auf der Welt haben wir es hier mit schleifenartigen und rückbezüglichen Systemen zu tun. Abhängig von der Rückbeziehung unterscheiden wir folgende Schleifen:

Black Mirror 4.6 Black Museum

Rekursion: Sich wiederholende Vorgänge, bei denen das aktuelle Ergebnis Einfluss auf den nachfolgenden Durchgang hat, werden als rekursiv bezeichnet. Dazu einige Beispiele für Rekursionen

  • Endlose: Ein Insekt fliegt so oft gegen die Glasscheibe, bis er tot ist.
  • Abgezählte: Stichproben von Blutzellen.
  • Bedingte: Suchen in einer Datenbank

Bis einschließlich Episode 4.5 war Black Mirror eine rekursive, abgezählte TV-Serie. Der Rahmen war immer gleich. Eine digitale Technik führt in eine dystopische Zukunft. Veränderlich waren die jeweilige Technik und die alltägliche Situation zu Beginn/Ende einer Episode.

San Jupernio –    Pflegeheim vs Upload.

Metallhead –        Einbruch vs Kampfroboter.

Arkangel-            Besorgte Mutter vs Gehirnschnittstelle

Reflexion: Mit der Episode 4.6 “Black Museum” ändert sich das Format und “Black Mirror” reflektiert über sich selber. Dazu werden in einem Museum digitale Artefakten aus verschiedensten Episoden ausgestellt. Der Guide, Mr. Rolo Haynes, hatte in den ausgestellten Episoden jeweils eine Rolle. Dieser war aber in der Serie nicht zu sehen. Rolo war ein Neurowissenschaftler, der verschiedenste neuronal – digital Devices im Hintergrund entwickelt hat. Die meisten gingen über das Prototypenstadium nicht hinaus. Was letztendlich auch der Grund für das jeweilige dystopische Ergebnis war. So wird nun von einer rekursiven TV-Serie eine reflexive.

Für das Ecosystem „Black Mirror“ sind die Zuschauerquoten das Allerwichtigste. Sobald diese rückläufig sind, ist dies ein Alarmsignal für die Produzenten und sie müssen für die nächste Episode eine Veränderung übernehmen. Änderungen können hier aber nur sehr beschränkt durchgeführt werden. Nicht das ganze Format ist austauchbar, sondern lediglich die beiden Variablen Alltagssituation und Technologie. Die Drehbuchautoren müssen sich also eine noch banalere Alltagssituation einfallen lassen, die zu noch dystopischeren Ergebnissen führt.

Der Ablauf fast aller Serien ist rekursiv – heißt ein Grundkonzept wird mit sich verändernden Parametern durchgezogen. Damit hat man einen rekursiven und reflexiven Prozess.

Remote: Der TV-Seher ist Passivität gewohnt. Sobald einmal ein Kanal ausgewählt ist, hat man das zu konsumieren, was vorgesetzt wird. Neuere Technologien geben aber dem Zuschauer die Möglichkeit an bestimmten Situationen Entscheidungen über den weiteren Verlauf der Handlung zu setzen. Der Fernseher wird zweifach Remote gesteuert. Einmal mit der Fernbedienung in der Auswahl der Sendung und ein anderes Mal am Bildschirm in der Auswahl des Contents. Bei sehr aufwändigen Produktionen kann es hier eine Vielzahl von unterschiedlichen Pfaden in der Handlung geben. Obwohl nun Zuschauer die gleiche Serie und die gleiche Episode anschauen, sehen sie wahrscheinlich nicht das Gleiche. Um alles zu erfahren was die Episode anbietet, muss man diese vielfach anschauen. Damit haben wir nun eine TV-Serie die rekursiv, reflexiv und remote gesteuert ist. In der Staffel 5 von Black Mirror ist bereits eine Remote-Technologie angekündigt. Zuschauer sind damit in der Lage auf die Produktion einzuwirken. Damit müssten eigentlich die Rezensionen deutlich besser werden. Weil sich ein Zuschauer seinen Content wahrscheinlich nicht negativ bewertet.

Selbstreferenziell: So einen Verhaltensweise wurde bisher nur biologischen Lebewesen zugeschrieben, die über ein ausreichendes Selbstbewusstsein verfügen. Der Mensch zählt mit Sicherheit dazu. In Zukunft möglicherweise KI-Systeme. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Fähigkeit das eigene Tun und Handeln, zumindest im Nachhinein, zu bewerten. Verschiedene Schulen der Persönlichkeitsentwicklung fordern ein „Reaction in Action“. Gemeint ist damit ein äußerst achtsames Leben, bei dem permanent das aktuelle Handeln reflektiert und gesteuert wird. Nicht ganz genau, aber so ähnlich, ist die Episode 4.6. angeordnet. Die Produzenten reflektieren im Nachhinein über ihre Arbeit und versuchen durch Selbsterkenntnis Verbesserungen für die nächste Folge zu generieren. Zwischen Produktion und Feedback vergeht eine lange Zeit. Bei Black Mirror waren es immerhin vier Jahre von der Erstausstrahlung bis zur Reflexion im Black Museum. Sollte es gelingen die Remote-Technologie serientauglich zu machen, hätten die Produzenten ein sehr schnelles Feedback. Noch zum Zeitpunkt der Erstausstrahlung. Man weiß dann immer wie viele Zuschauer, welchen Pfad gewählt haben und könnte dies in der nächsten Episode von Haus aus schon einbauen.

Rezeption: Alles das, was oben beschrieben und analysiert wurde, entspricht meinem Verständnis von und über Black Mirror. Heute, in der Episode 6, ist das mit großer Sicherheit anders, als beim Anschauen der ersten Episode. Meine Ansichten zur Serie haben sich mit jedem Blog verändert. Klarerweise hat sich dadurch eben nicht das Ecosystem Black Mirror selbst verändert, sondern lediglich meine Einstellung. Alles rezeptieren (aufnehmen) ist keine objektive Angelegenheit, sondern beruht immer auf Vorwissen, vorausgegangenen Handlungen und Sozialisierung. Es könnte durchaus sein, dass künstliche Intelligenzen in Zukunft ohne diesen Ballast Analysen durchführen können. Dies dann aber auch nicht zum Selbstzweck, sondern um Menschen zu informieren und diese haben auch wieder ihre subjektiven Filter. Ich bleibe weiterhin in meiner Blase.

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