Black Mirror 3.6. Von allen gehasst

hated in the nation

Werte: Die Lösung wird zum Problem

Nicht der Mensch mit 7,5 Milliarden Einwohner und 0,4 Mrd. Tonnen ist die dominante Lebensform auf dieser Erde, sondern es sind die Insekten mit einer Biomasse von 0,9 Mrd. Tonnen. Bei der Unzahl von verschiedenen Insekten sind es die Bienen die uns am besten vertraut sind. Obwohl sie stechen können, und sie das auch manchmal tun, gehören sie doch zu den „liebevollen“ Tieren. Genau das kommt auch im Zeichentrickfilm von Biene Maja zum Ausdruck.

Schätzungen zufolge gibt es die Biene bereits seit 110 Millionen Jahren. Sie hat die Dinosaurier, die Eiszeit und mehrere Meteoriteneinschläge überlebt. Jetzt stehen die Bienen vor einer gewaltigen Herausforderung: „Sie müssen den Menschen überleben“. Der Spezies Sapiens ist es innerhalb von nur 70.000 Jahren gelungen die Erde völlig zu okkupieren. Genau das hat tragische Folgen für die Bienen, welche sich schon heute zeigen.

Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat nahezu alle Blumenwiesen vernichtet und Pflanzenschutzmittel wie Neonikotine wirken sich äußerst negativ auf das Bestäubungsverhalten aus. Dem gegenüber ist die Varroamilbe ein natürlicher Feind, mit dem die Bienenvölker selber fertig werden müssen. Dafür müssen sie sich anpassen, und das braucht eben Zeit. Genau das haben Bienen in den letzten 100 Millionen Jahren gehabt. Viel Zeit, um sich im Rahmen der Evolution immer wieder den neuen Gegebenheiten anzupassen. Für das aktuelle Problem – dem Menschen – haben sie einfach noch zu wenig Zeit.

Wie bekannt, leisten die Bienen einen unvorstellbaren Beitrag zur Pflanzenökologie. Gleichzeitig mit dem Aufsaugen des Blütennektars bestäuben sie die Pflanzen. Dies wäre, wenn es die Bienen nicht miterledigen würden, ein sehr aufwendiger Prozess. Es wäre durchaus denkbar, dass dies von Menschen oder Maschinen erledigt würde. Berechnungsmodelle haben ergeben, dass dies weltweit 150 Mrd. Euro kosten würde.

Umso dramatischer und nahezu apokalyptisch wäre das Aussterben der Bienen zu sehen. In der Black Mirror Episode 3.6. ist genau das passiert – zumindest in England. Um das ökologische Gleichgewicht aufrecht zu halten, haben Techniker im Auftrag der Regierung künstliche Bienen entwickelt. Diese ADI (autonomous drohnes insect) sind digital-mechanische Wesen, welche bei erster Betrachtung kaum von Bienen zu unterscheiden sind.

In der Eingangsszene sieht man Bienen auf einer wunderschönen Blumenwiese schwärmen. Erst viel später erkennen wir, dass es sich hierbei um Mikrodrohnen handelt. Klarerweise besteht der grundsätzliche Unterschied in den Individuen. So sind die Bienen Bio-Wesen und die Drohen Digital-Wesen. Es gibt aber auch noch einen weiteren und grundsätzlichen Unterschied zwischen diesen beiden. Bienen leben in Schwärmen.

Das ist eine besondere Form des Zusammenlebens, wie wir es auch bei Fischen und Vögeln kennen. Der besondere Vorteil einer derartigen Struktur besteht in der Abwehr von Feinden. Ein Schwarm von tausenden Bienen schaut gefährlicher aus als eine einzelne Biene und kann auch potenzielle Angreifer viel schneller abwehren. Eine Schwarmstruktur hat weiters den Vorteil, dass das einzelne Wesen nur wenig Intelligenz braucht. Während das Ganze an sich Leistungen erbringt, was einem Einzelnen nicht möglich wäre (Bau von Bienenwaben).

Die Mikrodrohnen in der Episode machen von der Erscheinungsform durchaus einen Schwarm ähnlichen Eindruck. In verschiedenen Sequenzen fliegen diese Drohnen in großen Schwärmen ihre Angriffe gegen menschliche Opfer. Trotzdem handelt es sich bei dieser Struktur eben um keinen Schwarm, sondern um ein zentral gesteuertes Drohnennetzwerk. Das hat für die Entwicklerfirma Granular den Vorteil, dass sie alle Bienendrohnen über ganz England von einer zentralen Stelle aus steuern können.

Ganze Bienenschwärme werden dann nach Bedarf verschoben und eingesetzt. Die Firma Granular braucht dazu auch kaum Personal. Im Film sieht man eine Managerin und einen Operator. Eigentlich ein sehr ökonomischer Ersatz für ein ökologisches Desaster. Zentrale Systeme haben allesamt einen wirklichen Nachteil. Sie sind sehr leicht angreifbar. Sobald ein Außenstehender die Sicherheitsbarrieren überwunden hat, kann er das System unter seine Kontrolle bringen. So ist es auch geschehen.

Mr. Garrett Scholes hat sich dieses Systemes bemächtigt und war so in der Lage, die Drohnen nach seinen Vorstellungen zu steuern. Scholes hat offensichtlich ein Problem mit Sozialen Medien. Er dürfte sehr schlechte Erfahrungen mit Mobbing gehabt haben. Er oder seine Angehörige dürften hier einer massiven Verfolgung ausgesetzt gewesen sein.

Mit dem Hack in das AID möchte er nun alle jene Menschen bestrafen, die sich an so einer Aktion beteiligen. Dazu hat er ein sehr ausgeklügeltes zweistufiges System entwickelt. Als Erstes hat er eine Plattform mit dem Hashtag #deathTo entwickelt. Wenn also jemand gemobbt wird, weil er „irgendetwas“ getan hat, so kann das Netzwerk mit #deathTo voten. Das Voting startet jeden Tag neu und wer innerhalb von 24 Stunden den höchsten Punktewert erreicht hat, wird von einer Bienendrohne ermordet. Das Spiel wird sehr schnell bekannt und verbreitet sich dementsprechend. Es dauert nicht lange bis der britische Schatzkanzler schon das höchste Voting hat. Die Follower nehmen dramatisch zu und erreichen schnell die Hunderttausende.

Für die Polizei und für die NSA beginnt jetzt ein Wettlauf mit der Zeit, um den Finanzminister das Leben zu retten. Im Zuge der Ermittlungen finden sie Dokumente, welche auf das eigentliche Ziel von Garrett Scholes hinweisen. Demzufolge möchte er sich an allen jenen rächen, die für #deathTo gevotet haben. Das sind in der Zwischenzeit 387.000 Menschen. Der Polizei ist es aufgrund von verdeckten Aktivitäten der NSA nicht gelungen die Kontrolle am System wieder zurückzubekommen, sodass die Bienendrohnen ausschwärmten und Hunderttausende Menschen ermorden konnten.

Von allen gehasst

Systeme ab einer bestimmten Größe, bei dem die internen Komponenten positiv rückgekoppelt sind, neigen zu chaotischen Verhalten. Wenn man allerdings jene Variablen eines Systems kennt, die zu Störungen führen, kann jedes System aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Die Bienen haben 110 Mio. Jahre ohne größere Probleme überlebt. Jetzt kommt nur eine kleine Störung daher – der Mensch mit seinen Pflanzenschutzmitteln könnte das Aus für diese Population – eine Nebenwirkung – bedeuten. Eine kleine Störung mit großer Wirkung. Das neue „zentralgesteuerte Drohnensystem“ erfährt auch nur eine kleine Störung, insofern, als ein Hacker die Kontrolle darüber übernimmt. Das Ergebnis: 380.000 Tote – war eine gezielte Aktion.

Zurzeit als die Black Mirror Episode 3.6 „Von allen gehasst“ produziert wurde, war das Bienenproblem zwar schon bekannt, aber noch nicht populär. Die Episode hat das Bienenproblem ohnehin nur als Rahmen verwendet, gezeigt sollte die Fragilität von künstlichen Systemen werden. Jetzt, zwei Jahre später ist die Bedrohungslage der Insekten weithin bekannt und Politiker beginnen darauf zu reagieren, wie folgender Link zeigt:

https://derstandard.at/2000089062138/Deutsche-Umweltministerin-will-100-Millionen-in-Insektenschutz-investieren

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