Values - Development

Menschen haben gleiche, aber auch sehr unterschiedliche, Einstellungen gegenüber ihrem Umfeld. Manchen sind Produkte und Kunstwerke sehr wichtig, anderen wiederum Beziehungen und Freundschaften und wiederum anderen ist das Spirituelle von höchster Bedeutung. Man kann daraus drei wesentliche Bedeutungsfelder ableiten – das Materielle, das Psychosoziale und das Geistige sind jene Objekte, denen Werte beigemessen werden.

Der Wert von geistigen oder materiellen Objekten hängt von dessen „seltenen Vorkommen“ und dessen „dringenden Bedarf“ ab. Trinkwasser ist in der Sahara sehr rar, hat aber gleichzeitig die größte Dringlichkeit. Somit hat dort Wasser einen sehr hohen Stellenwert. In einem hochmodernen Bürogebäude/Wohnhaus ist Trinkwasser zum einen immer verfügbar und zum anderen deshalb nicht so dringend, weil in der Klimatisierung bereits ein Luftbefeuchter integriert ist.

Im digitalen Zeitalter werden Daten, insbesondere persönliche, immer wertvoller. Diese Daten waren in der Vergangenheit bereits im Überfluss vorhanden, wurden aber nicht als besonders wichtig eingeschätzt. Mit künstlicher Intelligenz können jetzt Persönlichkeitsprofile, und damit Einkaufsmotive, ermittelt werden. Somit werden Social Media Profile dringend benötigt, also steigt deren Wert. Gleichzeitig, und zumindest in Europa, tritt die Datenschutzgrundverordnung ein und schränkt den Zugang zu personenbezogenen Daten massiv ein. Personendaten haben zusehends mehr „seltenes Vorkommen“.

Durch die beiden Merkmale „Dringlichkeit und Seltenheit“ lassen sich die Werte von Entitäten auch in deren zeitlicher Dynamik feststellen. Im Rahmen der schon angesprochenen Digitalisierung wird auch immer wieder von einem Wertewandel gesprochen. Dieser ist in erster Linie auf die Ausprägung dieser beiden Merkmale zurückzuführen.

Nicht alles, was Dringlichkeit und Seltenheit hat, wird auch hoch bewertet. HIV-Medikamente werden in verschiedenen afrikanischen Ländern dringend benötigt und sind dort kaum verfügbar. Demzufolge müsste diesem Medikament ein sehr hoher Wert zugeschrieben werden – den hat es aber in der Bevölkerung nicht. Die Menschen verlassen sich immer noch mehr auf Götter, Schamanen und Heilmittel – diese haben demzufolge einen deutlich höheren Stellenwert.

Es gibt also eine weitere Polarität, die den Wert von Wesenseinheiten bestimmt. Es handelt sich dabei um „Erhöhung und Abschwächung“. Während Dringlichkeit und Seltenheit quantitativ bewertbar ist, ist Erhöhung und Abschwächung eine subjektive Einstellung. Es kann also vorkommen, dass Menschen etwas dringend benötigen, es kaum verfügbar ist und trotzdem für sie keinen Wert hat. Langlebigkeit kommt sehr selten vor und ist ein dringendes Bedürfnis, aber nicht für alle. Manche Menschen schwächen den Wert des irdischen Lebens zugunsten eines ewigen Lebens im Jenseits ab. Es kommt da sowohl zu einer Abschwächung als auch zu einer Überhöhung, obwohl die Faktenlage einen ganz anderen Befund ergibt.

Der Social Media Dienst Facebook kommt häufig vor und wird eigentlich nicht benötigt. Trotzdem hat er für viele Menschen einen sehr hohen Stellenwert. Auch das ist gegen die Faktenlage und ist auf eine Überhöhung zurückzuführen. Insbesondere aus den beiden Wertedomains „psychosozial und geistig“ kommt es sehr häufig zu Verschiebungen von Werten. Es ist jedoch nicht nur die subjektive Einstellung, die darauf einen Einfluss hat, es kann auch eine kollektive Kraft wirksam werden.

Insbesondere zu politischen und religiösen Themen bestimmt eine Masse über den Wert von Entitäten. Ausländische Facharbeiter werden dringend benötigt und kommen gleichzeitig sehr selten vor. Müssten also sehr wertvoll sein. Trotzdem haben sie in der öffentlichen Meinung eine schlechte Bewertung. Es ist also zu einer Abschwächung gekommen. Sollten wir jedoch mit Ausländern einen persönlichen Kontakt haben, so kann es auch zu einer Erhöhung, weil sehr sympathisch, führen. Das zeigt eine große Spreizung von Werteeinstellung.

Um überhaupt in der Lage zu sein über Werteeinstellungen zu urteilen, müssen wir uns dessen „bewusst“ werden. Bewusstsein ist immer noch wenig erforscht. Ein einfaches Modell besagt aber, dass Bewusstsein immer ein erkennendes System braucht, welches zumindest zwischen zwei Ereignissen (Entitäten) unterscheiden kann. Ohne Bewusstsein gibt es demzufolge keine Werteattribute. Bewusstsein hat keine schwarz-/weiß-Ausprägung, sondern ist auf verschiedenen Ebenen existent. Eine einfache Schichtung wäre zum Beispiel räumliches, soziales und prädiktives Bewusstsein. Diese drei Stufen korrespondieren mit den Wertedomänen: materiell, psychosozial und geistig.

Ein Wesen, welches sich auf der räumlichen Bewusstseinsebene befindet, ist kaum in der Lage geistige Werte zu rezipieren. Möglicherweise gilt diese Aussage auch umgekehrt. Wenn Menschen sich sehr auf materielle Werte fokussieren, sind sie sich weniger den geistigen und sozialen Werten bewusst.

Generell wäre festzustellen, je höher die Bewusstseinsebene, desto mehr verschiebt sich das Werteempfinden vom Materiellen zum Geistigen. Letzteres erfährt in der heutigen Zeit durch Digitalisierung eine ganz andere Bedeutung. Sie ist kontextabhängig.

Jetzt ist es schwierig zu argumentieren, dass Daten und Informationen geistige Werte sind. Sicher ist aber, dass es sich dabei um keine materiellen Werte handelt. Der Einfachheit halber ordne ich Information der geistigen Domain zu. In Gesprächen hört man sehr häufig: „Das war jetzt eine wertvolle Information.“ Es muss für Information, also auch die quantitative Skala von Dringlichkeit/Seltenheit und die qualitativen Ausprägungen von Abschwächung/Erhöhung gelten.

Im Kontext einer analogen Welt waren Informationen sehr selten und die Dringlichkeit situationsabhängig. Im digitalen Umfeld sind Informationen, zumindest aber die Daten, im Überfluss vorhanden und die Dringlichkeit ist unterschiedlich. Bis jetzt war es immer noch der Mensch, der über den Wert von Daten eine Aussage getroffen hat. Maschinen haben das noch nicht gemacht, obwohl die quantitative Bewertung sehr einfach möglich wäre. Der subjektive Anteil an der Wertekonstruktion könnte von einer KI durchaus vorgenommen werden.

Eine besondere Form von Kontext ist die Kultur. Das sind dann Normen und Vorschriften, meistens ungeschrieben, die von den Gruppenmitgliedern eingehalten werden. Wobei Nichteinhaltung zur Sanktionierung führt. Aus diesen Normen, Verhalten und Fähigkeiten leiten sich sehr häufig Werte ab, die von dieser Kulturgemeinschaft gemeinsam getragen werden. Eindrucksvoll zeigt sich das bei religiösen Verhaltensweisen. Obwohl es keinerlei Nachweise für ein Leben nach dem Tod gibt, ist das für alle Religionsgemeinschaften der höchste Wert. Dafür werden sehr viele Opfer gebracht. Es gibt inadäquate Bekleidungsvorschriften, ungesundes Fasten bis hin zu rituellen Morden und Ausrottungen ganzer Ethnien.

Kulturelle Werte können mit materiellen einhergehen. Eine goldene Buddha-Statue hat beide Zuschreibungen. Religiöse Werte sollten eigentlich nur aus der geistigen Domain stammen und keine materiellen und sozialen Bezüge haben. Typische geistige Werte aus dem religiösen Kontext wären dann Gott, Jenseits, Gnostik, Prophezeiung, usw.

Der polare Kontext zu Religion/Glauben ist Wissenschaft und Mathematik. Letztere gehören auch in den Bereich der geistigen Werte – haben aber andere Erhöhungen und Abschwächungen. Insbesondere alles, was nicht messbar und berechenbar ist, verliert an Wert, obwohl es möglicherweise existent ist. Derzeit erfährt alles technisch, naturwissenschaftliche eine deutliche Erhöhung. Manches bekommt sogar unreflektiert einen hohen Wert.

Aktuell wird den Gravitationswellen, die mit einer Auslenkung von einer halben Atombreite gemessen werden, sehr hohe Aufmerksamkeit geschenkt. Die Erderwärmung hingegen, obwohl um das Milliardenfache höher messbar, ist aus dem öffentlichen Interesse weitgehend verschwunden. Damit ist gleichzeitig gezeigt, dass Werte noch eine weitere Dimension haben, nämlich die Zeit.

Das Werte sich im Laufe der Zeit verändern ist ja nicht besonders bemerkenswert. Wir könnten jetzt ein Gedankenexperiment insofern machen, als wir die Zeit in Abhängigkeit der Werteveränderung betrachten. Unter dieser Annahme würde die Fokussierung auf Werte die Zeit unterschiedlich schnell vergehen lassen. Subjektiv erleben wir das sehr häufig. Bei dem, was uns sehr wichtig ist, stark interessiert – also wertvoll ist – vergeht die Zeit am Schnellsten. Umgekehrt, wenn uns nichts interessiert, wir nichts zu tun haben, auch nichts da ist, wofür es wert wäre zu arbeiten, ist uns langweilig und die Zeit vergeht langsam. Darüber hinaus wissen wir, dass für diejenigen Menschen die ein sehr sinnerfülltes Leben haben, also hohe Werteeinstellungen, die Zeit schneller vergeht, sie vergessen auf die Zeit.

Entwicklung

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Werte sich aus verschiedenen Dimensionen heraus entwickeln und für das menschliche Leben eine enorme Bedeutung haben. Diese werden sie auch in einer hochtechnologisch, digitalen Welt nicht verlieren. Um den Wertewandel besser beurteilen zu können, muss man ausgehend von Dringlichkeit und Seltenheit mögliche Verstärker und Abschwächer berücksichtigen.

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